Anzeige
Anzeige

Verhaltenstherapie bei Schlafstörungen Die Entspannung neu lernen

Entspannungs-Übungen helfen bei Schlafstörungen
Entspannungs-Übungen helfen bei Schlafstörungen
© Colourbox
Klingt paradox: Sie wollen schlafen, haben jedoch gleichzeitig Angst davor - Menschen mit Schlafstörungen sind in einem Teufelskreis gefangen. Ein Verhaltenstherapie kann helfen, daraus auszubrechen.

Schlafzimmer sind für Schlechtschläfer schreckliche Orte: Das Kissen, das Bettzeug, alles erinnert daran, dass nun eine lange, qualvolle Nacht bevorsteht. Schon der Gedanke an Schlaf lässt Menschen mit Schlafproblemen grausen - dabei sind sie gleichzeitig sehr erschöpft, sie sehnen sich nach einer erholsamen Nacht. Ein Teufelskreis: Sie sind todmüde und wollen schlafen, gleichzeitig fürchten sie sich davor. Die Angst vor dem gescheiterten Schlaf erregt sie so sehr, dass sie nicht zur Ruhe kommen.

Aus diesem Teufelskreis kann ein Verhaltenstraining befreien. Denn solche chronische Schlafstörungen lassen sich nicht von einem Tag auf den anderen beheben. Schließlich haben sich die Gewohnheiten, die zu den Schlafproblemen führten, über lange Zeit eingeschliffen. Schlaftabletten sind kaum zu empfehlen: Sie helfen nur bei der Hälfte aller Schlechtschläfer, bei manchen verschlimmern sich die Probleme sogar. Zudem sind die Chemikalien nicht frei von Nebenwirkungen und können süchtig machen.

Das Schlaftraining hat mehr Erfolg als Tabletten

Die meisten Schlafprobleme ergeben sich, weil Stress nicht abgebaut wird. Dadurch entstehen schlechte Gewohnheiten, die das Ein- und Durchschlafen behindern. Eine Verhaltenstherapie trainiert die Schlafgestörten um: Sie lernen, ihre Gewohnheiten zu ändern und wieder in den Schlaf zu finden. Nach einem solchen Training schlafen zwei Drittel der Schlechtschläfer besser. Allerdings dauert es meist lange, bis Sie spürbar besser schlafen: Sie müssen Durchhaltevermögen besitzen.

Treten Ihre Schlafprobleme nicht ständig auf, können auch schon kleine Tricks helfen: Werfen Sie Computer, Fernseher, Handys und andere Geräte aus Ihrem Schlafzimmer - sie lenken ab. Alkohol und Kaffee stören den Schlaf, probieren Sie aus, darauf einige Stunden vor dem Schlafengehen zu verzichten. Halten Sie sich an die Regeln des guten Schlafes.

Hausärzte für leichte Fälle, Spezialistinnen für die schweren

Leiden Sie aber jede Nacht unter einem gestörten Schlummer, sollten Sie sich nicht scheuen, zum Arzt zu gehen. Er kann Ihnen erklären, was den Schlaf ausmacht und wie er verläuft. Zudem weiß er, wie chronische Schlafstörungen entstehen. Wahrscheinlich empfiehlt er Ihnen zunächst Entspannungsübungen: Yoga, Tai Chi oder die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson können Ihnen helfen, Stress abzubauen und besser zu schlafen. Vielleicht wird Ihnen die Hausärztin auch empfehlen, ein so genanntes Schlaftagebuch zu führen. Ihre Notizen können Ihnen, Ihrer Ärztin und Schlaftherapeuten helfen, mögliche Ursachen Ihrer Probleme zu erkennen.

Schlafen Sie aber nur zwei bis drei Stunden pro Nacht, leiden Sie unter einer sehr schweren Schlafstörung. Dann finden Sie Hilfe und Unterstützung bei speziell ausgebildeten Schlafmedizinern und Therapeutinnen, zum Beispiel in so genannten Schlafzentren. Diese spezialisierten Kliniken betreiben auch Schlaflabore. Dort wird man Ihren Nöten auf den Grund gehen.

Schlaftagebuch

In einem Schlaftagebuch können Sie festhalten, wie Sie sich tagsüber fühlen und wie sie nachts schlafen. Das klingt sehr aufwändig - ist es aber nicht: Spezielle Vordrucke, die Sie von Ihrem Arzt erhalten, lassen sich in wenigen Minuten ausfüllen. Natürlich müssen Sie sich, wenn Sie ohnehin schon schlecht schlafen, die Nächte nicht schreibend um die Ohren schlagen.

Gleich nach dem Aufstehen können Sie Ihre Notizen über die vergangene Nacht eintragen: Mit Noten von eins bis sechs bewerten Sie, wie erholsam Ihr Schlaf war und wie gut Sie sich fühlen. Sie schätzen ab, wie lange es gedauert hat, bis Sie eingeschlafen sind, wie lange Sie überhaupt geschlafen haben und ob und wie lange Sie zwischendurch wach waren. Wenn Sie Schlafmittel genommen haben, vermerken Sie dies ebenfalls. Das ist das Morgenprotokoll.

Das Abendprotokoll können Sie vor dem Zu-Bett-Gehen ausfüllen. Tun Sie das aber nicht im Bett - Pflichten gehören nicht ins Schlafzimmer! Sie notieren, wie angespannt Sie sich tagsüber gefühlt haben, wie leistungsfähig Sie waren und ob Sie erschöpft waren. Auch ein eventueller Mittagsschlaf oder das Gläschen Wein mit Freunden gehört ins Abendprotokoll. Zudem schreiben Sie auf, wann Sie abends ins Bett gegangen sind und wann Sie morgens aufgewacht und aufgestanden sind. Nachts hingegen schauen Sie tunlichst nicht auf den Wecker: Der Blick zur Uhr ist für Schlafgestörte tabu, denn das kann Stress auslösen.

Wahrscheinlich schlafen Sie länger als Sie glauben

Zwei Wochen lang sollten Sie das Schlaftagebuch mindestens führen. Ihre Aufzeichnungen helfen Ihnen und Ihrem Arzt, den Ursachen Ihres Schlafproblems auf die Schliche zu kommen. So kann das Protokoll zum Beispiel zeigen, dass schlechten Nächten besonders stressige Tage voraus gingen oder dass der Mittagsschlaf zu lang ausfiel. Das Tagebuch überrascht häufig die Geplagten: So glauben manche Schlafgestörte, sie hätten seit Wochen kein Auge zugemacht. Das Schlaftagebuch hingegen zeigt, dass sie die eine oder andere Nacht doch ganz gut geschlafen haben.

Das Tagebuch enthält zudem Informationen, die für das Verhaltenstraining eine Rolle spielen: Es zeigt zum Beispiel, wie viel Zeit Sie nachts im Bett verbringen und wie lange Sie in dieser Zeit tatsächlich schlafen. Schlaftherapeuten haben dann genaue Anhaltspunkte, ob sie etwa zu einer Beschränkung der Schlafdauer raten sollten. Während einer Therapie zeigen die Notizen, ob das Trainingsprogramm anschlägt.

Verhaltenstraining

Wenn Sie wissen, was beim Schlaf passiert, schützen Sie sich vor unnötigen Ängsten und Sorgen: Es ist zum Beispiel normal, mehrmals nachts aufzuwachen. Es ist auch in Ordnung, wenn Sie nur sechs Stunden schlafen. Und Schlafstörungen rufen nur äußerst selten körperliche Krankheiten hervor. Mit dieser Kenntnis können Sie dem Schlaf schon ruhiger und entspannter begegnen.

Sollten Sie sich für ein Verhaltenstraining entschieden haben, ist es sinnvoll, gleichzeitig Entspannungstechniken zu lernen. Sie machen Sie nicht nur gelassener, diese Methoden helfen Ihnen auch aus der inneren Anspannung vor dem Schlaf heraus. Bei der progressiven Muskelrelaxation entspannen Sie sich körperlich: Sie spannen verschiedene Muskelgruppen systematisch an und lockern sie wieder. Irgendwann können Sie das fast wie auf Knopfdruck.

Auch autogenes Training und Yoga sind wirkungsvoll. Biofeedback-Methoden nutzen Technik: Auf Ihre Haut geklebte Elektroden registrieren die Muskelspannung und wandeln das Signal so um, dass Sie es sehen oder hören können. Das hilft Menschen, die gar nicht merken, wie angespannt sie sind. Anschließend lernen Sie, Ihre Anspannung bewusst zu lockern.

Entspannungs-Methoden eignen sich vor allem für Menschen, die schlecht einschlafen können. Am besten, Sie lernen die Techniken unter fachkundiger Anleitung, beispielsweise in einem entsprechenden Kurs. Welche der genannten Methoden für Sie am besten ist, müssen Sie ausprobieren: Gut ist, was Ihnen nützt und gefällt.

Steuern Sie Ihren Gedankenfluss

Sind Sie entspannt und können dennoch nicht schlafen, helfen Ihnen diese Übungen nicht. Dann sollten Sie sich nur für ein Verhaltenstraining entscheiden. Zu den verhaltenstherapeutischen Techniken gehören:

  • die Stimuluskontrolle,
  • die Schlafrestriktion und
  • kognitive Techniken.

Die Stimuluskontrolle: Für Schlechtschläfer sind Schlafzimmer schreckliche Orte. Meist liegen sie dort wach und grübeln vor sich hin. Mit der Stimuluskontrolle lernen Betroffene, ihre unbewussten, über lange Zeit antrainierten negativen Einstellungen abzulegen. Bett und Schlafzimmer sollen wieder angenehme Orte werden. So sollten Sie beispielsweise nur ins Bett gehen, wenn Sie richtig müde sind und dort weder grübeln noch lesen oder fernsehen.

Die Schlafrestriktion: Liegen Sie auch möglichst lange im Bett – aus Angst, nicht genug zu schlafen? Wenn Sie das über einen langen Zeitraum machen, bringen Sie wahrscheinlich Ihren Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinander und schlafen noch schlechter. Ein verhaltenstherapeutisches Gegenmittel ist die Beschränkung der Schlafdauer: Sie halten sich nur so lange im Bett auf, wie Sie glauben, in der vorangegangenen Nacht geschlafen zu haben - mindestens aber viereinhalb Stunden. Sie sind dann tagsüber sehr müde, doch das ist gewollt. So nimmt der Druck zu, endlich zu schlafen. Die Behandlung dauert mehrere Wochen und ist sehr anstrengend, Sie sollten daher auf die Hilfe Ihres Arzt oder Ihrer Therapeutin vertrauen. Es gibt übrigens noch eine Light-Variante, die so genannte Schlafkompression: Da dürfen Sie nachts sechs bis sieben Stunden im Bett bleiben.

Kognitive Techniken: Wer schlecht schläft, hat häufig schlechte Gedanken. Mit Hilfe einer Therapeutin können Sie lernen, diesen negativen Gedankenfluss mit der Gedankenstopp-Technik zu unterbrechen - und zwar durch ein lautes oder später auch gedachtes "Stopp". Danach leiten Sie Ihre Gedanken in eine andere Richtung, etwa zu dem Satz: "Es ist normal, nachts aufzuwachen". Diese Technik, sich nachts auf angenehme Gedanken zu konzentrieren und sich beruhigende Dinge vorstellen, nennen Fachleute kognitive Fokussierung. Sie versetzt Sie in die Lage, Ihre Gedanken und damit auch Ihr Befinden zu kontrollieren: Sie fühlen sich nicht mehr hilflos und haben Ihr Problem gut im Griff. Kognitive Techniken lernen Sie am besten bei einem ausgebildeten Therapeuten.

Constanze Böttcher

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel