Spezialisten Welcher TCM-Therapeut versteht sein Handwerk?

Rund 40000 deutsche Ärzte besitzen ein von der Krankenkasse anerkanntes Akupunktur-Diplom. Doch ob man gut oder schlecht behandelt wird, darüber sagt ein Diplom wenig...

Rund 40000 deutsche Ärzte besitzen ein von der Krankenkasse anerkanntes Akupunktur-Diplom. Ausgestellt ist es jeweils von einer Fachgesellschaft wie der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA). Die meisten Mediziner haben das A-Diplom mit nur 140 Stunden Akupunktur-Weiterbildung - zu wenig, kritisieren Fachleute. Nur rund 2000 Ärzte verfügen über das höhere B-Diplom, das eine 350-Stunden-Ausbildung bescheinigt. Der Patient ist gut beraten, darauf zu achten. Denn wie bei allen manuellen Tätigkeiten gilt: Je geübter die Hand, desto zuverlässiger das Ergebnis. Doch der Anteil der besser Ausgebildeten dürfte auf lange Sicht weiter sinken: Denn nach einem Beschluss der Bundesärztekammer soll es noch in diesem Jahr eine formale ärztliche Zusatzqualifikation in Akupunktur geben. Anforderung: nur noch 200 Weiterbildungsstunden. Ob man individuell gut oder schlecht behandelt wird, darüber sagt ein Diplom wenig. "Das wissen Sie immer erst nach dem Nadeln", erklärt Heidi Rausch, Fortbildungsleiterin bei der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA). "Viele Ärzte hospitieren drei Wochen in China im Krankenhaus, machen drei Wochen Besichtigungstouren und sagen, sie hätten in China studiert", moniert die Hamburger Heilpraktikerin Barbara Kirschbaum, Dozentin an der Privatuniversität Witten-Herdecke.

Nadeln ohne richtige Ausbildung

1500 Heilpraktiker gehören der Arbeitsgemeinschaft für Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin an, deren Mitglied Kirschbaum ist. Sie alle haben mindestens 750 Stunden Akupunktur-Ausbildung hinter sich - mehr als so mancher Arzt. "Aber Akupunktur betreiben bestimmt 5000", schätzt sie. "Und wer davon eine profunde Ausbildung hat, kann Ihnen niemand sagen." Nach Angaben des Fachverbandes freier Heilpraktiker nadeln gar rund 7500 Heilpraktiker.

Um die Hebung des Ausbildungsstandes in der TCM insgesamt bemüht sich die Societas Medicinae Sinensis (SMS) in München. Sie fördert und erforscht seit 1978 die chinesische Heilkunst und bildet nur Ärzte aus. Seit Beginn des Jahres bietet sie 900- bis 1000-Stunden-Fortbildungen mit entsprechendem Zertifikat an. "Verpflichten können wir dazu leider niemanden", klagt ihr Vorsitzender, der Internist Josef Hummelsberger. Er sieht die TCM als Ergänzung zur Schulmedizin, keinesfalls als Allheilmittel. Er rät, Heilversuche auf eine vernünftige Dauer zu beschränken: "Eine akute Erkrankung sollte nach wenigen Tagen behoben sein, bei chronischen Leiden wie Rheuma müsste nach einigen Monaten eine messbare Besserung eingetreten sein. Wer nach einem halben Jahr keine deutlichen Fortschritte spürt, sollte überlegen, die Behandlung abzubrechen, dann ist die TCM nicht das Richtige.

"Überhaupt keinen Anhaltspunkt zu Ausbildung und Qualität haben Patienten bei chinesischen Therapeuten, die nicht bei einer der großen Gesellschaften akkreditiert sind. "Einen Professorentitel kann man in China schon für 1000 Euro kaufen", sagt Kirschbaum. "Die Chinesen lassen sich ungern in die Karten gucken, weder hier noch in China", so auch die Erfahrung des Münchner Neurologen und TCM-Arztes Michael Hammes, der vier Jahre lang im Reich der Mitte gelebt hat. "In der Regel dauert es Jahre, bis ein Chinese Wissen preisgibt, oft erst nach einer kleinen Gefälligkeit wie der Einladung zu einer Vortragsreise durch Deutschland." Auch die Qualität chinesischer TCM-Ärzte in deutschen Kliniken lasse sich nur schwer überprüfen. "Meist mischt die kommunistische Partei bei der Entscheidung mit, wer hier herübergelassen wird, da geht es selten um medizinische Qualifikationen, sondern häufig um gute Verbindungen."

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