Menschen gucken gern Bilder an. Affen auch. Menschen zahlen dafür, sich Fotos anzuschauen. Affen auch! Das konnte eine Studie in der renommierten Zeitschrift "Current Biology" jetzt beweisen, erschienen unter dem vielversprechenden Titel: "Monkeys pay per view: adaptive valuation of social images by rhesus macaques".
Dr. med. Eckart von Hirschhausen
Zu Deutsch: Rhesusaffen zahlen, um sich Fotos anzusehen, die sozial relevant sind. Womit? Bisher gab es schließlich keine gemeinsame Währung. Die Forscher fanden eine: süßen Saft! Die Affen hatten die Wahl, ein volles Glas Saft zu bekommen oder bewusst auf einen Teil des Saftes zu verzichten und dafür im Tausch Fotos zu gucken. Es kam heraus: Am liebsten gucken sie Fotos von Typen, die in der Hierarchie höher stehen als sie. Ranghöhere anzuschauen ist offenbar ein Grundbedürfnis: Für ein Bild vom Chef opferten die Tiere Saft. Zu wissen, wo man auf der Karriereleiter innerhalb der Horde gerade steht, entscheidet darüber, was man sich in der Truppe erlauben darf. Deshalb, so die Forscher, ist den Affen soziale Information etwas wert.
Meine Hütte, meine Liane, meine Kokosnuss
Die technische Revolution hinein in die Tierwelt hat damit begonnen: Bisher mussten die Tiere ihren Rang noch körperlich verteidigen. Wenn wir ihnen aber beibringen, wie man Polaroids macht, wird es auch bald im Käfig heißen: meine Hütte, meine Liane, meine Kokosnuss. Die Studie zeigte noch weitere allzu menschliche Parallelen. Den Makaken wurde auch ein total langweiliges Foto angeboten: eine simple graue Fläche. Dafür gaben sie keinen Saft aus. Noch weiter unter ihrem Niveau waren aber Fotos von Affen am unteren Ende der Rangordnung. Sie mussten regelrecht "Geld" bekommen, um sich überhaupt mit den Bildern von "Losern" zu beschäftigen. Ist das nicht eine faszinierende Anregung für den Diaabend bei so genannten Freunden? Die ersten zehn Bilder schaut man umsonst, für jedes weitere Dia wird Schmerzensgeld fällig.
Doch zurück zur Studie: Jetzt kannten die Forscher die Kaufkraft von Chefs, Losern und die Darstellung grauer Fläche, aber für welche Bilder würden Affen noch Geld ausgeben? Nur für Gesichter? Im Dienste der Wissenschaft wurden den Tieren Fotos von Affendamen angeboten. Und zwar Detailaufnahmen ihrer rot leuchtenden Popos. Tatsächlich stiegen Betrachtungszeit und Saftpauschale ins Unermessliche. Das Interesse an einem Blick aus der Fortpflanzungsperspektive ist bei Affen praktisch unerschöpflich. Dabei waren die Models noch nicht mal rasiert! Die Preise bei den Makaken: Für Chefs zahlten sie zwei Saft-Einheiten, für Popos 16. Die Forscher kommentieren nüchtern: "Individuen schätzen Information, die ihre Entscheidungen im Sozialgefüge erleichtern. Für Dominanz und Fortpflanzungsbereitschaft sind Affen bereit, Zeit und Besitztümer zu investieren."
Promis und Popos
Mit dieser evolutionären Erkenntnis erschließt sich einem das Angebot am Zeitschriftenkiosk völlig neu. Auch bei Menschen verkaufen sich die Ranghöheren gut: überall auf dem Cover die Promis, Politiker und Popstars. Für Obdachlosenzeitungen wird hingegen deutlich seltener Geld ausgegeben. Sobald aber Promis mit Popos gemischt werden, steigt der Preis. Und bei noch mehr Details und noch weniger Text steigt er sprunghaft weiter - bis auf acht und mehr Euro für Boys und Mates.
Könnte es sein, dass die Preise am Kiosk gar nichts mit Angebot und Nachfrage zu tun haben, sondern seit etwa 150.000 Jahren Evolution schon feststehen?