Welt-Aids-Konferenz Der unsichtbare Schutz vor dem Virus

Frauen mit geringer sozialer Stellung in stark von Aids bedrohten Gebieten können sich nicht zur Wehr setzen, wenn Männer sich weigern Kondome zu benutzen. Ein wirksamer Schutz könnten Mikrobizide sein.

Auf der Welt-Aids-Konferenz in Bangkok wird ein neuer Schutz für Frauen vor dem Aids-Virus vorgestellt. Er soll unsichtbar und geruchslos sein und Frauen die Möglichkeit geben, sich ohne das Wissen von Männern vor Aids zu schützen: Die Rede ist von Mikrobiziden, chemischen Verhütungsmitteln und Virenkillern.

Frauen in besonders stark von Aids bedrohten Gebieten können sich oft wegen ihrer niedrigen sozialen Stellung nicht zur Wehr setzen. Viele Männer wollen kein Kondom benutzen. Mikrobizide könnten hier den entsprechenden Schutz bieten.

In fünf bis sieben Jahren könnte ein Mikrobizid auf den Markt kommen

Rund 30 Kandidaten werden zurzeit intensiv untersucht, sechs davon befinden sich in der entscheidenden klinischen Studienphase (Phase III) oder werden diese bald erreichen. Mikrobizide sollen als Gel, Flüssigkeit oder Schaum in die Scheide gespritzt werden. Die Wirkstoffe könnten die Hülle des Virus zerstören oder sich so fest an es binden, dass es die Zellen in der Schleimhautschicht nicht mehr infizieren kann. Andere Mikrobizide sollen die Andockstellen für das Virus auf der Oberfläche der menschlichen Zellen blockieren, weitere könnten verhindern, dass es sich überhaupt in den Zellen einnistet.

Ein effektives Mikrobizid könnte es in fünf bis sieben Jahren geben, schätzt Zeda Rosenberg, Chefin der Internationalen Gemeinschaft für Mikrobizide, in Bangkok. "Die zurzeit vorhandenen Präventionsmöglichkeiten reichen nicht", ergänzt sie.

Gita Ramjee, Leiterin des südafrikanischen Programms zur HIV- Prävention, kennt eine andere Notwendigkeit für Mikrobizide: Prostituierte bekämen für Sex mit Kondom weniger Geld. Um ihr Einkommensziel zu erreichen, nähmen die Frauen Risiken in Kauf, berichtet Ramjee im Medizinjournal "The Lancet" (Bd. 363, S. 1043).

In Afrika sind vor allem junge Frauen bedroht

Im Sommer soll in mehreren Ländern Südafrikas die Phase III einer klinischen Studie beginnen, um die Wirkung der Produkte "Emmelle" und "PRO2000" zu testen. Beide sollen zumindest teilweise verhindern, dass sich HIV an der Schleimhaut festsetzt, berichtet das Entwicklungsprogramm für Mikrobizide (MDP) vom britischen Entwicklungshilfeministerium.

Die Rockefeller-Stiftung und jene von Microsoft-Gründer Bill Gates haben große Summen gespendet. Der Weltgesundheitsreport enthält in diesem Jahr erstmals einen Abschnitt über Mikrobizide. Wirkliche Erfolge gibt es bislang aber nicht. Unterdessen trifft die Aids-Epidemie zunehmend die jungen Frauen in Afrika, wo ein Mikrobizid besonders dringend nötig wäre.

Angesichts von Armut, der Benachteiligung der Frauen und den fehlenden Mikrobiziden bleibe vorerst wohl nur ein anderer Weg, sagt Noyleen Heyzer, Chefin des UN-Frauenentwicklungsprogrammes UNIFEM: "Wir müssen das Sexualverhalten der Männer ändern."

Thilo Resenhoeft, DPA

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