Diskussion über Ungeimpfte Impfzwang oder Freiwilligkeit? So will das RKI die Impfkampagne voranbringen

Werbung für Coronavirus-Impfungen in Köln
Wie hier in Köln wird vor allem über Aufklärung und Angebote versucht, möglichst viele Menschen von einer Coronavirus-Schutzimpfung zu überzeugen
©  Thomas Banneyer / DPA
Das politische Berlin diskutiert sich die Köpfe heiß: Wie kann die Impfquote in der Bevölkerung erhöht werden? Durch Druck auf Ungeimpfte? Was das Robert Koch-Institut für eine erfolgreiche Impfkampagne empfiehlt.

Je mehr Menschen gegen das Coronavirus geimpft sind, desto besser kommen wir durch die Pandemie – das ist auch vielen der Politikerinnen und Politiker klar, die nun für oder gegen den Vorstoß von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) wettern, wonach es in naher Zukunft Beschränkungen für Ungeimpfte geben könnte.

Die großen Fragen sind: Wie bekommt man möglichst viele Menschen dazu, sich impfen zu lassen? Durch Überzeugung? Durch mehr oder weniger sanften Druck? Oder gar durch eine "Impfpflicht durch die Hintertür"?

RKI setzt auf Aufklärung statt auf Zwang

Auch das für die Seuchenbekämpfung zuständige Robert Koch-Institut (RKI) hat sich zur Frage einer erfolgreichen Impfkampagne Gedanken gemacht – und bereits wenige Tage vor dem Vorstoß Helge Brauns "Handlungsempfehlungen für die Prävention und Vorbereitung" mit Blick auf eine mögliche vierte Pandemie-Welle im Herbst und Winter herausgegeben.

Beim Blick auf das Papier wird klar: Auch für das RKI ist eine erfolgreiche Impfkampagne ein zentraler Baustein im Kampf gegen das Coronavirus. Von einer Impfpflicht ist bei den Expertinnen und Experten aus dem Berliner Wedding jedoch nicht die Rede – auch nicht durch die vielzitierte Hintertür.

Vielmehr "sollte in allen Bereichen und Bevölkerungsgruppen eine möglichst hohe Impfquote angestrebt werden", wie es in dem Papier heißt; und zwar dadurch, dass alle Menschen, die immunisiert werden möchten, auch tatsächlich geimpft werden, also durch Angebote statt durch Zwang.

  • Laut RKI sollten hierbei vor allem "aufsuchende Impfangebote" praktiziert werden, "sozio-ökonomischen Ungleichheiten" zu begegnen. Impfteams sollten also dorthin kommen, wo viele Menschen auf engem Raum leben oder arbeiten, also zum Beispiel in Großwohnsiedlungen oder Fabriken. 
  • Parallel zur laufenden Impfkampagne sollten die Entscheidungsträgerinnen und -träger sich bereits auf sogenannte Schwerpunktimpfungen vorbereiten, sodass schnell auf neu entstehende Hotspots reagiert werden kann. Dies ist derzeit beispielsweise schon in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz der Fall.
  • Ebenso sollte sich auf mögliche "Booster-Impfungen" vorbereitet werden. Für den Fall, dass zwei Impfdosen nicht ausreichen, empfiehlt das RKI daher die Bestellung und Bevorratung von Vakzinen für eine mögliche weitere Impfung, insbesondere bestimmter gefährdeter Bevölkerungsgruppen.

Das RKI setzt also nicht auf (indirekten) Zwang, sondern auf Impfangebote und Impfaufklärung. Hierbei rät es zu umfassender Kommunikation, in der deutlich gemacht werden soll, dass die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems weiterhin bestehe, die Pandemie also mitnichten vorbei ist. "Die Bevölkerung sollte frühzeitig darüber informiert werden, dass das Verhalten jedes Einzelnen Einfluss auf den Umfang und die Folgen der Infektionen im Herbst und Winter hat", heißt es in den Handlungsempfehlungen. Außerdem soll laut RKI umfassend darauf hingewiesen werden, dass eine vollständige Impfung gegen die Delta-Variante eine "deutlich bessere Schutzwirkung" habe. "Dies wirkt einem Nachlassen der Impfbereitschaft entgegen."

Herdenimmunität gegen das Coronavirus "unwahrscheinlich"

Begleitet werden sollte die Impfkampagne laut RKI auch weiterhin durch ein umfangreiches Monitoring: Wie hoch ist die Impfbereitschaft in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen? Welche Impfquoten wurden erreicht? Wie entwickelt sich das Ausbruchsgeschehen? Schwächeln bestimmte Impfstoffe und müssen diese ergänzt werden? All diese Fragen gelte es für eine erfolgreiche Impfkampagne im Auge zu behalten.

Grundsätzlich hält das RKI jedoch eine sogenannte Herdenimmunität oder gar eine vollständige Eliminierung des Sars-CoV-2-Erregers für "unwahrscheinlich". Diese Einschätzung hatte das Institut schon Anfang Juli ausführlich begründet. Allerdings, auch das ist eine Einschätzung des RKI, können nur Impfungen die Auswirkungen der Pandemie mindern: "Durch weitere Impfungen sowie Infektionen ist zu erwarten, dass die Grundimmunität in der Bevölkerung in den Folgejahren zunehmend stabiler und die saisonalen Wellen damit kleiner werden."

Quellen: Robert-Koch-Institut, Helge Braun in der "Bild"-Zeitung, Nachrichtenagentur DPA

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