Nutzer:innen des sozialen Netzwerkes TikTok dürften die drei Dresdener Rapper Zacharias, Gustav und Paul bereits seit einigen Jahren kennen. Unter ihrem Crewnamen 01099 begeistern sie allerdings seit geraumer Zeit auch darüber hinaus eine gesamte Generation.
Der ungewöhnliche Name bezieht sich auf die Postleitzahl von Dresden-Neustadt. Die 19- bis 22-Jährigen haben sich hier bereits während der Schulzeit kennengelernt und wirken in ihren Musikvideos wie eine Mischung aus braven Gymnasiasten und lässiger Jugendbande. Nach etwas holprigen Releases gelang 2021 mit der Dachfenster-EP und Megahits wie "Durstlöscher" und "Frisch" endgültig der Durchbruch. Beide erzielten allein auf Spotify rund 50 Millionen Klicks. Inzwischen schaut die Gruppierung auf den Beginn einer erfolgreichen Karriere zurück. Ihr neues Album "Altbau" tut dieser Entwicklung keinen Abbruch.
Zeitgenössische Texte auf House-Music-Beats
Ihr zweites Studioalbum ist am Freitag erschienen und zementiert den Status von 01099 als aufregendste Crew in der deutschen HipHop-Szene. Nicht wenige hatten ihnen nach dem Erfolg im letzten Jahr wohl den klassischen Werdegang eines One-Hit-Wonders vorhergesagt. Durch "Altbau" zeigt sich: ihre ganz eigene Interpretation von deutschem HipHop aus zeitgenössischem Rap, melodischen Strophen und tanzbaren House-Music-Beats wird auch in diesem Sommer die lauwarmen Nächte auf WG-Balkons prägen.
Wie in ihren bisherigen Releases kommen die Texte der jungen Band dabei komplett ohne das branchenübliche Flexen mit Geld, teuren Klamotten und Status-Symbolen aus ("Ich mag ICEs, aber keine SUVs"). Im Gegensatz bekommen die jungen Fans von 01099 erneut die üblichen Themen präsentiert: Dresden, Bierball und Abhängen mit unzähligen Freund:innen in der Altbauwohnung. Seit jeher verzichtet das Rapkollektiv dabei auch auf jede Form von Sexismus oder degradierende Sprache gegenüber Frauen. Viel lieber positionieren sich die jungen Dresdener gegen die Neue Rechte und die AfD, wie auf dem Song "Sportlich", und hinterfragen ihre Rolle in der Gesellschaft ("Hey, warum so intolerant? Du hast so vieles, aber denkst nicht ma' dran").
Anders als in den bisherigen Releases sucht man auf "Altbau" vergeblich nach zweisprachigen Texten. Lediglich ein paar Lieder enthalten noch einzelne Passagen auf Französisch. Ansonsten erinnert alles an die catchenden Beats, die vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit "Frisch" und "Durstlöscher" den stressigen Alltag vergessen lassen. Diese Aufbruchstimmung und gute Laune transportiert auch ein Großteil der Songs auf "Altbau".
Nach einem gemeinsamen Song mit ihrem musikalischen Vorbild Rin im letzten Jahr gibt diesmal Cro einen Gastauftritt auf dem Song "Glücklich". Ein weiterer Beweis dafür, dass sich die Nachwuchsrapper auch gegenüber gestandenen Szenegrößen keineswegs verstecken müssen. Besonders die bereits veröffentlichten Singles "Dies & Das" und "Schnelle Brille" schließen nahtlos an den Sound von "Dachfenster" an.
Sommergefühle trotz düsterer Regentage
Neu dabei sind nachdenklichere Passagen, die dem Album einen runden Gesamteindruck verleihen. Auf "2000er" reflektieren Zachi, Gustav und Paul ihre Jugend in der ostdeutschen Großstadt. Die Romantisierung einer unbeschwerten Kindheit, der veränderte Blick auf die Eltern, Freund:innen die man entlang des Weges verliert – diese Themen brechen mit der gewohnten Unbeschwertheit. Auf "Regen" wird diese ernste Seite erneut deutlich. Der Track handelt davon, dass nicht jeder Tag hell und fröhlich ist. Diese Regentage ziehen vorbei, doch das braucht seine Zeit.
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Heimliches Rauchen, ewige Sommernächte, kurze Romanzen – alles an 01099 neuem Album "Altbau" erinnert an den ewigen Sommer zwischen Schulabschluss und erstem Semester an der Uni. Dieser generelle Vibe macht gute Laune und lässt auch über die teilweise unsauberen Reimstrukturen hinwegschauen. Die Texte begeistern schließlich komplett ohne Flexen und Sexismus. Also "Jacke zu", AirPods in die Ohren und auf den Sommer freuen.