Die Mehrzahl der deutschen Filme lässt sich in zwei Kategorien einteilen: Entweder sind sie schnulzige und oft etwas platte Komödien à la Til Schweiger oder Möchtegern-Arthouse-Filme, die so viele Fragen aufwerfen, dass man danach erst mal ein langes Gespräch braucht, um alles zu verarbeiten.
Die Regisseurin Karoline Herfurth zählt zu den wenigen, die ihre Geschichten anders erzählen. Bei ihr geht es nicht um klischeehafte Romantic-Comedy-Figuren oder Exzentriker, sondern um durchschnittliche und damit echt wirkende Menschen. Deren Probleme sind oft so lebensnah, dass sich viele Zuschauer darin wiederfinden – besonders Frauen, die auch in ihrem neuen Film "Wunderschöner" wieder im Mittelpunkt stehen.
Der Film ist die Fortsetzung von "Wunderschön", dem Kinohit von 2022, der 19 Millionen Euro einspielte und sich wochenlang in den Top Ten der deutschen Kinocharts hielt. Im zweiten Teil begleitet Herfurth ihre Protagonistinnen weiter auf ihrem Weg zu sich selbst. Die Frauen kämpfen noch immer mit unterschiedlichen Problemen, von der Ehekrise bis hin zur Essstörung. Eine Erkenntnis eint sie alle: Sie wollen ihr Leben nicht länger danach ausrichten, begehrenswert zu erscheinen.
"Wunderschöner" handelt nicht mehr nur von dem Kampf ums gute Aussehen
Herfurth, neben der Regie auch für das Drehbuch verantwortlich, ist wieder in der Rolle der Sonja zu sehen. Sie hat sich von ihrem Partner getrennt und hadert damit, dass er nun mit einer Poledance-Jule zusammen ist. Julie (Emilia Schüle) ringt weiter mit ihrer Bulimie und kämpft zugleich um Anerkennung an ihrem neuen Arbeitsplatz. Nadine (Anneke Kim Sarnau) ist schockiert, als sie erfährt, dass ihr Mann die Dienste einer Prostituierten in Anspruch genommen hat. Und ihre Tochter Lilly (Emilia Packard) muss von Lehrerin Vicky Schiller (Nora Tschirner) lernen, warum Frauen in der Geschichtsschreibung lange unsichtbar waren.

Mit "Wunderschöner" geht Herfurth einen Schritt weiter als im ersten Teil. Ging es damals um problematische Schönheitsideale, rückt sie nun auch strukturelle Machtverhältnisse, den Kampf um Selbstbestimmung und die oft tabuisierte weibliche Lust in den Fokus. "Female Pleasure", die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen, war lange ein gesellschaftliches Tabu.
In diesem Film wird sie zum zentralen Gesprächspunkt, auch angestoßen durch die Lehrerin Schiller, die ihren Schülerinnen vermitteln will, dass ihre Lust genauso wichtig ist wie die der Männer. Wie kann es sein, dass das sexuelle Wohlbefinden von Frauen so lange ignoriert wurde – und es teilweise immer noch wird? Was bedeutet es, als Frau sexy oder frei zu sein und die eigene Lust in den Mittelpunkt zu stellen?
Viele Probleme, zu wenig Komik
Herfurth zeigt erneut ihr Talent dafür, schwierige Themen ohne erhobenen Zeigefinger zu erzählen. Der einzige Nachteil: Bei all den ernsten Fragen bleibt das Komödiantische manchmal auf der Strecke. So viele Schicksale, so viele Probleme – da hilft es auch nicht, wenn zwischendurch eine Party mit selbst gebastelten Vulven stattfindet. Am Ende verlässt man das Kino mit dem Gefühl, dass es ganz schön hart ist, eine Frau zu sein.
Vielleicht muss das so sein. Neben all den romantischen Komödien, in denen Frauen als tollpatschig süße, stets gut gelaunte Figuren inszeniert werden – oft sexistisch und von Männern geschrieben –, braucht es auch Filme wie diesen.
Herfurth will den Feminismus nicht als rosafarbene Wellness-Oase verkaufen, wie es manche Influencerinnen auf Instagram tun. Ihr geht es um mehr als um ein Produkt – vielleicht manchmal um zu viel. So gerät auch der Schlussappell etwas dramatisch. Und doch bleibt nichts anderes, als zu sagen: Sie hat recht.
"Was wäre, wenn wir aufhören könnten, uns zu schützen, weil uns niemand mehr angreift?", heißt es an alle Frauen – und Männer – gerichtet.
"Was wäre, wenn wir uns nicht mehr gegenseitig die Kraft nehmen? Stellt euch vor, wir hätten tatsächlich alle Möglichkeiten – überall zu tanzen, zu lernen, Fahrrad zu fahren, zu arbeiten, über unseren Körper zu bestimmen, groß zu werden und mächtig."
Ein schöner Gedanke. Jetzt muss er nur noch Wirklichkeit werden.