In Großbritannien wurde ein einschneidender Entschluss gefasst: An Universitäten sollen weder schlechte Orthographie noch gebrochenes Englisch im Ausdruck Gründe dafür sein, dass Studenten eine schlechtere Benotung bekommen. Diese Entscheidung gilt für Fächer, in denen die Sprache gegenüber dem Inhalt zurücktritt. Bislang war es vermehrt bei ausländischen oder Studierenden aus ärmeren Verhältnissen wegen mangelnder sprachlicher Qualifikation zum Studienabbruch gekommen. Nun sollen die Bewertungen "inklusiver" ausfallen.
Eine der jüngeren britischen Universitäten, die Hull University im Osten von Yorkshire, gehört zu den ersten, die den Kurswechsel in der Beurteilung durchführen wollen. Studierende, die Englisch als Zweitsprache lernen, solche mit Dyslexie oder solche, die von einer unterdurchschnittlich abschneidenden Schule kommen, seien bisher vielleicht durch ihre sprachliche Defizite "abgeschreckt worden". Sie sollen nun ermutigt werden und eine "authentischere akademische Stimme" entwickeln, die "ihren jeweiligen Hintergrund feiert, statt ihn zu verbergen". Unter anderem will sich auch die Kunsthochschule University of the Arts London diesem neuen Angang anschließen.
Neue Richtlinien fordern die Akzeptanz von Fehlern
Die Lehrenden sollen "aktiv die Rechtschreibung, Grammatik oder andere sprachliche Fehler akzeptieren, die nicht signifikant die Kommunikation behindern – außer die Studienfach-Vorgaben erfordern eine formal korrekte Sprache". Die Richtlinien verlangen, dass Tutoren "ihre eigenen Vorstellungen von 'korrektem Englisch' hinter den Arbeiten der Studierenden zurückstellen sollen". Statt der sprachlichen Kriterien sollen die Studierenden für ihre Ideen und ihr Wissen beurteilt werden, ließ auch die Worcester University ihr Lehrpersonal wissen.
Dieser Wandel zahlt auf den Druck auf die Universitäten ein, in puncto ethnischer Minderheiten, beeinträchtigter und benachteiligter Studierenden fortschrittlicher zu werden. Aus den Lehrkörpern der Unis werden jedoch Stimmen laut, die sich massiv gegen diese Art von Weiterentwicklung wehren. Sie vertreten die Meinung, Prüfungen seien genau dazu da, zwischen denen, die in der Lage sind, auszudrücken was sie meinen, und jenen, die es nicht sind, zu unterscheiden. Das Vorgehen widerspreche einer akademischen Ausbildung. Ob der britische Ansatz gelingt und sich durchsetzen wird, ist somit noch offen.
Quelle: "The Hook"