Entzückt die Sprachforscher, da hier der seltene Fall einer Rückentlehnung vorliegt. Zuerst haben die Deutschen den "Blitzkrieg" aus dem Englischen übernommen, als Lehnübersetzung des Ausdrucks "lightning warfare". Im Zweiten Weltkrieg wanderte der "Blitzkrieg" zurück ins Englische, nun aufgeladen mit der Bedeutung von Hitlers Angriff gegen Polen im Jahre 1939.
Abgeleitet von diesem Schreckenswort, entstand der "Sitzkrieg". Damit bezeichneten die Briten ihre ersten Kriegsmonate, in denen sie sich mit Gewaltattacken noch dezent zurückhielten (auch: "phoney war"). Als dann 1940/41 die deutsche Luftwaffe Tausende von Bomben auf London abgeworfen hatte - mehr als eine Million Häuser gingen damals in Flammen auf -, wurde "Blitzkrieg" zu "Blitz" abgekürzt.
Wer zu tief ins Glas schaut, ist "blitzed out"
Seither hat sich "Blitz" zu einem der meist gebrauchten deutschen Wortelemente im heutigen Englisch entwickelt. Vor allem britische Boulevardzeitungsmacher benutzen es für die tägliche Schlagzeilen-Schlacht. Umgangssprachlich hat es die übertragene Bedeutung "überraschender Angriff", "schnelle Erledigung" angenommen. Man sagt "celeb blitz" für brandheiße News aus der Welt der Reichen und Schönen - oder für eine schnelle Autowäsche: "Let's have a blitz on the washing-up."
Zur Person
Sven Siedenberg lebt und arbeitet als Journalist und Autor in München. Seine Glossen, Kritiken, Reportagen, Porträts und Essays sind unter anderem im Spiegel, stern, Focus sowie in der Zeit, Süddeutschen Zeitung, Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung erschienen. Er hat an zahlreichen Anthologien mitgewirkt und bereits einige Bücher geschrieben, sein neuestes "Besservisser beim Kaffeeklatsching" ist im Heyne Verlag erschienen.
US-Amerikaner nennen beim American Football einen speziellen Verteidigungsspielzug "blitz", Briten bezeichnen mit "blitz baby" einen Wagen mit Turbomotor. In jüngster Zeit benutzen Studenten das Adjektiv "blitzed" respektive "blitzed out" im Sinne von "total betrunken" oder "todmüde". In dem 1949 komponierten Weihnachtslied "Rudolph the red-nosed reindeer" heißen die beiden Rentiere, die den Schlitten von Santa Claus ziehen, "Donner und Blitzen". Der Song verkaufte sich millionenfach, die Geschichte um das gehänselte Rentier, das mit seiner rot leuchtenden Nase schließlich beim Weihnachtsmann als Nebelscheinwerfer glücklich wird, wurde mehrfach verfilmt, mit der Folge, dass "donner and blitz" zur umgangssprachlichen Wendung avancierte.
Auch in nichtenglischen Sprachen hat sich "blitz" eingenistet. Italiener sagen "un blitz" für eine Polizeirazzia oder einen überfallartigen Besuch. Portugiesen meinen mit "blitz" eine Verkehrskontrolle, und Russen sprechen von "bliz-viktorina" (schnelles Quiz), "bliz-opros" (Blitzumfrage) und "bliz-turnir" (Blitzturnier). Zeichen der Entspannung sendet ausgerechnet der ehemalige Erbfeind Frankreich, wo sie den "Blitzfrieden" kennen - meint das Einlenken der Siegermächte im Rahmen des "Münchner Abkommens" von 1938, womit kurzfristig der Krieg abgewendet werden konnte.
"Blitzkrieg" kennt man im Englischen, Italienischen, Portugiesischen und Russischen