Achtsamkeit Mit Buddha Stress und Schmerz reduzieren

Vor allem als "Kunst des Lebens" hat der Buddhismus in der westlichen Welt Anhänger gefunden. Buddhas Lehren werden inzwischen auch für Entspannungs- und Lebenshilfe-Techniken genutzt.

Vor allem als "Kunst des Lebens" hat der Buddhismus neuerdings in der westlichen Welt viele Anhänger gefunden. Buddhas Lehren von einer vernünftigen, seelische Ausgeglichenheit fördernden Einstellung zur menschlichen Existenz entsprechen offenbar weit verbreiteten Bedürfnissen. Diese Lehren werden inzwischen auch für Entspannungs- und Lebenshilfe-Techniken genutzt.

Es handelt sich um ein in den USA entwickeltes Behandlungsprogramm. Sein Kern ist die "rechte Achtsamkeit". Sie ist eine der Regeln von Buddhas "edlem achtteiligen Pfad zum Heil". Das Programm, "Mindfulness-Based Stress Reduction" (Stressreduktion durch Achtsamkeit) wird neuerdings auch in Deutschland praktiziert.

Die Methode der Achtsamkeit

Es umfasst verschiedene Formen der Meditation. Bei der Methode der Achtsamkeit werden sonst fast automatisch ablaufende Funktionen wie etwa Atmen, Gehen und Stehen ins Licht der Aufmerksamkeit gerückt und bewusst gemacht. Der Geist "beobachtet" auch alle Geräusche und Empfindungen - sowie sich selbst. Damit wird eine schmerz- und stressfreie innere Stille erzielt.

Das von dem Medizinprofessor Jon Kabat-Zinn entwickelte Programm ist besonders wirksam gegen psychosomatische und stressbedingte Krankheiten wie etwa der Haut, gegen Bluthochdruck oder Herzprobleme, chronischen Schmerz, Depression, Altersleiden und Ängste bei Krankheiten. Die durch tiefste Entspannung wachgerufenen Selbstheilungskräfte helfen oft auch da, wo Ärzte ratlos sind. Einer zweijährigen Studie zufolge gingen bei 1 200 an Kabat-Zinns Zentrum in Massachusetts überwiesenen Patienten die körperlich-medizinischen Symptome um 25 Prozent, die psychischen um 32 Prozent zurück.

Bewährt sich auch bei Strafgefangenen

Das Programm wird in den USA an etwa 300 Gesundheitszentren und Kliniken praktiziert. Daneben bewährt es sich auch in sozial problematischen Stadtvierteln, Gefängnissen (bei Insassen und Personal), Schulen und im Managementtraining. In Deutschland gibt es Gruppen der "Stressbewältigung durch Achtsamkeit" unter der Leitung von Personen aus den helfenden Berufen, die eine "Fortbildung" an Kabat-Zinns Zentrum durchlaufen haben. Seit vergangenem Jahr wird dessen Stressbewältigungstraining erstmals in einer Klinik in Essen praktiziert.

Besteller: "Das Tibetische Buch vom Leben und Sterben"

Zu den verbreitetsten Angeboten buddhistischer Meditationspraxis ist in den vergangenen Jahren ein von Sogyal Rinpoche gegründetes Netzwerk von Zentren und Gruppen geworden: "Rigpa". Die Popularität des jetzt 53-jährigen Tibeters basiert vor allem auf seinem Bestseller "Das Tibetische Buch vom Leben und Sterben" (Deutsch im Verlag O.W. Barth). Es wurde mittlerweile in mehr als 20 Sprachen übersetzt und in mehr als anderthalb Millionen Exemplaren verkauft, bemerkt der Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW, Berlin) in einem Beitrag zu "Erfolg und Problematik des tibetischen Buddhismus im Westen".

Das Buch vermittelt sehr anschaulich Antworten auf existenzielle Fragen um ein sinnvolles Leben und einen friedvollen Tod. "Rigpa Deutschland" ist eine Mitgliedsgemeinschaft der Deutschen Buddhistischen Union (DBU) mit Zentren in München, Stuttgart und Berlin. In anderen Städten gibt es Meditations- und Studiengruppen.

Im Westen gibt es keine Weisheitskultur

Zur "Problematik" verweist die EZW auf eine Diskrepanz zwischen der von Rigpa vermittelten Praxis und dem Buch. Dieses wendet sich an Menschen auf spiritueller Suche, also ohne fundiertes religiöses Wissen. Allerdings werden bei zunehmender Komplexheit des Stoffs Verständnisschwierigkeiten verzeichnet. Hier scheint für den Buddhismus in der westlichen Welt ein grundsätzliches Problem zu liegen.

Sogyal Rinpoche ist sich dessen wohl selbst bewusst. Er konstatiert, dass die buddhistischen "Lehren im Westen immer leichter zugänglich, gleichzeitig ... aber die Bedingungen, um einen spirituellen Weg zu gehen, nicht die besten" sind. Es gebe "keine Weisheitskultur, die eine spirituelle Lebensweise unterstützt." Er hält aber das von Rigpa vermittelte Wissen durchaus mit der abendländischen Kultur und dem Christentum für vereinbar.

Rudolf Grimm/DPA