Es handelt sich in Frankreich um eine nationale Angelegenheit: Es ist ein öffentlicher Streit entbrannt um Asterix, Nationalsymbol und Sympathie-Träger für sein Land in der ganzen Welt. Es dreht sich um die Frage, ob der Gallier auch nach dem Tod von Zeichner Albert Uderzo weiterleben darf. Autor René Goscinny war bereits 1977 verstorben, seither wird Asterix von Uderzo allein weitergeführt.
Rechtzeitig zum 50. Geburtstag der Comic-Figur in diesem Jahr ist ein Kampf ausgebrochen, der auch vor Gericht ausgetragen wird. Vater gegen Tochter, Kleinverlag Albert René gegen Großverlag Hachette, der wiederum dem Rüstungskonzern Lagardère gehört. Der 81-jährige Albert Uderzo hatte letzte Woche bekannt gegeben, dass er nun doch damit einverstanden sei, dass sein Asterix nach seinem Tod von anderen Zeichnern und Textern durch weitere Abenteuer geschickt wird. Mit seinem Segen werden also weitere Alben entstehen, deren Held der schlaue Gallier und sein stets hungriger Freund Obelix sind.
Die Tageszeitung "Le Monde" hat jetzt einen offenen Brief von Uderzos Tochter Sylvie veröffentlicht, einen flammenden Aufruf - gegen ihren eigenen Vater. Der habe, klagt Sylvie Uderzo, die Ideale verraten, für die ihr "Papierbruder" Asterix stehe und in deren Geist auch sie aufgezogen worden sei. Für Sylvie Uderzo stehen die Authentizität und die Qualität der Asterix-Comics auf dem Spiel.
325 Millionen verkaufte Asterix-Hefte
Es geht aber nicht nur um Ideale, sondern auch um viel Geld: 325 Millionen Asterix-Hefte wurden bisher verkauft, erschienen in 107 Sprachen oder Dialekten. Damit sind die Abenteuer des Galliers nach der Bibel und den Harry-Potter-Büchern das weltweit meistverkaufte Druckerzeugnis. Der Verlag Albert René, der die Rechte an der Figur verwaltet, hatte im Jahr 2007 einen Jahresumsatz von elf Millionen Euro. Und das ohne die Umsätze der von Goscinny und Uderzo gemeinsam geschaffenen Alben. Denn die werden schon seit längerem von dem Verlag Hachette produziert.
Auch Sylvie Uderzo hat direkt von den Erfolgen ihres "Papierbruders" profitiert: Sie hält am Verlag Albert René einen Anteil von 40 Prozent. Die übrigen 60 Prozent haben Albert Uderzo und Goscinnys Tochter Anne im vergangenen Dezember an Hachette verkauft. Da war Albert Uderzo noch der Meinung, nach dem echten, von seinen Erfindern gemachten Asterix dürfe nichts mehr kommen. Nun hätten finstere Berater" ihren Vater von seiner Meinung abgebracht - "von Cäsar bei Darth Vader rekrutiert", so Sylvie Uderzo in ihrem Text in "Le Monde".
Hergé als Vorbild
< Sie sieht den bodenständigen, lebenslustigen Helden verraten an Geldmacherei und alles, wogegen Asterix und sein Kampf gegen die römische Besatzungsmacht standen: Machtgier, Routine, die große Maschinerie, die sich ums Individuum nicht schert. Für sie wurde die Comic-Figur an eine Heerschar von Buchhaltern verscherbelt, die vom Geist und Inhalt des Comics nichts versteht. Sylvie Uderzos Ideal ist Hergé, der seine legendären Figuren Tim und Struppi so lassen wollte, wie er sie geschaffen hatte: Nach den 23 von ihm geschaffenen Abenteuern war Schluss.
Albert Uderzo hat sich im Gegensatz zu seiner Tochter noch nicht geäußert zu seinem Positionswechsel. Dass seine Einwilligung in neue Abenteuer auch nach seinem Tod für den Verlag Hachette höchst lukrativ sein dürfte, steht außer Zweifel. Die andere Frage ist, ob Hachette ungestört wird profitieren können. Sylvie Uderzo mit ihren 40 Prozent Verlagsanteil könnte ein lästiger Störfaktor werden - wenn sie den Idealen ihres Helden treu bleibt und kompromisslos bleibt. Geld interessiert ja bekanntlich Asterix überhaupt nicht.
"Asterix ist mit Goscinny gestorben"
Im Grunde ist Uderzo Vater in einer seltsamen Lage: Seine Tochter verteidigt eine Position, die er längst aufgegeben hat. Nämlich die, dass er der Hüter des gallischen Esprits sei, der Garant für das Weiterbestehen des einzig wahren Asterix. Dabei war Albert Uderzo immer bewusst, dass er die Qualität der gemeinsam produzierten Bände alleine nicht erreichte. "Im übertragenen Sinn kann man sagen, dass Asterix gleichzeitig mit Goscinny gestorben ist", hat er einmal gesagt.
In der Fan-Gemeinde teilen viele seine Meinung. Die Haltung der aufsässigen Tochter stößt dagegen auf wenig Gegenliebe: Sie habe die dramaturgisch so mittelmäßigen bis schlechten Asterix-Bände wie "Asterix und Latraviata" oder "Der Himmel fällt ihm auf den Kopf" nicht verhindert, als sie im Verlag Albert René am Ruder war. Deswegen sei das plötzlich entdeckte Interesse an der Integrität der Figur Asterix nicht glaubwürdig.
Auf der anderen Seite zeigt eine aber andere Kreatur von René Goscinny, dass auch eine Comic-Figur den Tod ihres Vaters bei bestem Wohlergehen überstehen kann, sofern man sie in professionelle Hände gibt: Lucky Luke.