Popstars und Literatur Wie, die... lesen? Was man von den Buchempfehlungen von Dua Lipa oder Bob Dylan lernen kann

  • von Oliver vom Hofe
Dua Lipa auf dem Weg aus ihrem Auto zu einer Abendveranstaltung.
Über diese Frau staunt das Internet: Dua Lipa kann nicht nur singen und schauspielern, sie ist auch Literaturexpertin!
© Tiziano Da Silva / Imago Images
Mit ihrem Buchclub "Service95" sorgt die Sängerin Dua Lipa für Aufregung im Netz. Dabei steht sie in guter Tradition. Denn die Literatur-Tipps von Popstars können das Leben verändern, glaubt unser Autor – und präsentiert die besten Listen im Netz.

Im Internet macht sich gerade eine neue Erkenntnis breit: Huch, Pop-Stars können lesen! Im Zentrum der zahllosen überraschten Kommentare steht die 28-jährige Sängerin und Schauspielerin Dua Lipa. Denn die hat nicht nur mehr als 100 Millionen Tonträger verkauft und allein auf Instagram 90 Millionen Follower, hat nicht nur in "Barbie" mitgespielt – sondern auch einen eigenen Buchclub.

Auf ihrer Website und in ihrem gleichnamigen Newsletter "Service95" stellt sie schon seit 2021 Bücher vor und interviewt Schriftsteller:innen wie Emma Cline und Hanya Yanagihara. Und nur einen Mausklick entfernt schreibt sie aber auch ganz selbstverständlich über Lifestyle und Beauty. Was ihr sogleich den Vorwurf einbrachte, sie halte die Bücher nur deshalb hoch, um sich ein schickes, intellektuelles Make-up zu verpassen. Warum redet eine junge Frau nicht einfach über Dinge, von denen sie etwas versteht? Botox, Babys, Bindegewebe?

Offenbar geht die Welt inzwischen davon aus, dass die wichtigste Voraussetzung für eine Popkarriere eine satte Legasthenie ist, kombiniert mit Analphabetismus und Dyslexie. Aber: Das war nicht immer so! Ich kann mich erinnern an Zeiten, als viele Popstars lasen, von Lieblingsbüchern schwärmten und sogar selbst Bücher schrieben. Schließlich habe ich daraus Listen mit Titeln gefertigt, die ich in der örtlichen Bücherei auslieh. Unbedingt nachmachen – man weiß nie, wo es einen hinführt!

Alice im Wunderland und ein Walross auf LSD

Zum Beispiel John Lennon. Der bastelte aus Zeitungsnotizen Songs wie "A Day In The Life" und vertonte in "I Am The Walrus" das Gedicht "Das Walross und der Zimmermann" von Lewis Carroll (“Alice in Wonderland“). Lennons Ausführungen zum Beatles-Song "Tomorrow Never Knows" brachten mich dann direkt zur LSD-Bibel "The Psychedelic Experience" und dem Tibetanischen Totenbuch. Groovy Lektüre! (Eine Liste mit Lennons Lieblingsbüchern finden Sie auf www.faroutmagazine.co.uk)

Oder Patti Smith. Sie war als Dichterin gestartet und über die Vertonung ihrer Reime schließlich zur Rocksängerin geworden. Außerdem war sie total verknallt in den französischen Abenteurer und Poeten Arthur Rimbaud, und schon stapelten sich "Das trunkene Schiff" und "Eine Zeit in der Hölle" neben meinem Bett, und ich segelte fort zu anderen Pariser Literaten wie Charles Baudelaire. Was für ein Trip. (Eine Liste mit Smiths Lieblingsbüchern finden Sie auf www.service95.com)

Noch gravierender war Bob Dylans Literaturliste für mich. Bei Tolstois "Krieg und Frieden" habe ich mich fast zu Tode gelangweilt, Melvilles "Moby Dick" war eine Offenbarung, aber "The Naked Lunch" von William S. Burroughs sprengte alles. Irrsinnige homoerotische Alien-Fantasien, wie aus wirren Schnipseln zusammengesetzt (war’s ja auch, wie ich dann lernte). Besser kann man die Welt kaum beschreiben. Als ich das Buch mal offen herumliegen ließ, gab es danach eine Familienkonferenz mit der Frage, in welches Sanatorium man mich am besten steckt. Danke Bob! (Eine Liste mit Dylans Lieblingsbüchern finden Sie auf www.faroutmagazine.co.uk.)

Mit David Bowies Lieblingsbüchern geht niemals die Leselampe aus

Eine Lebensaufgabe bis heute sind für mich David Bowies Top 100: Gustave Flaubert, Anthony Burgess, Homer, R. D. Laing, Yukio Mishima, F. Scott Fitzgerald und mehr – will man sich auch nur ansatzweise mit ihrem Werk vertraut machen, geht einem nie die Leselampe aus. (Eine Liste mit Bowies Lieblingsbüchern finden Sie auf www.faroutmagazine.co.uk. Und auf www.radicalreads.com gibt es die Herzensbücher von Sufjan Stevens, Tina Turner, Britney Spears).

Das überraschendste Buch, das ich gelesen habe, ist jedoch kein Tipp, sondern wurde von einem Musiker geschrieben: Joe Strummer von The Clash. Es trägt den Titel "The Future Is Unwritten", frei übersetzt: Die Zukunft ist ein leeres Buch. Und das ist es auch, es besteht aus reinen, weißen Seiten. Als ich mal gefragt wurde, was das denn bitte soll, habe ich geantwortet: "Du weißt doch, die Rock-Musiker – können nicht lesen und nicht schreiben."

 

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