"Captain Future" Mein liebster Weltenretter

Nichts für Ungut, Captain Kirk. Aber wenn es darum ging, das Universum zu retten, gab es für stern.de-Redakteur Ralf Sander nur einen, der den Job wirklich erledigen konnte: Captain Future.

Das Idol meiner Jugend trug Strumpfhosen, einen durch nichts zu verwirrenden Scheitel im roten Haar und hatte derbe Koteletten - und war trotzdem verdammt cool. Obwohl... streng genommen war nicht er selbst cool. Aber er hatte ein eigenes Raumschiff, die "Comet". Selbst gebaut - wie cool ist das? Und er wohnte auf dem Mond. Und er hatte coole Freunde: einen Roboter namens Grag, einen Mann - Otto - aus Gummi und Professor Simon Wright, von dem nur noch sein superschlaues Gehirn übrig war, das in einer fliegenden Blechbüchse lebte. Das waren Captain Future und seine Crew. Ach ja, und eine Frau namens Joan rannte da auch noch rum. Dass diese irgendwie wichtig sein könnte, akzeptierte ich nur widerwillig, denn 1980, als des Captains Zeichentrick-Abenteuer erstmals über deutsche Bildschirme flimmerten, war ich neun und gerade mitten in der "Alle Mädchen sind doof"-Phase. Immerhin dämmerte mir, dass der Captain und Joan scharf aufeinander waren, aber irgendwie nicht in die Pötte kamen. Das machte ihn sympathisch, menschlich. Aber nicht cool.

Der Allesbauer

Denn eigentlich war Captain Future ein Muster an Perfektion: Er behandelte jeden, wirklich jeden, mit Anstand und Höflichkeit, ließ sich nie aus der Ruhe bringen, strahlte immer einen fast heiligen Ernst aus. Für den Spaß beim Zuschauen waren denn auch seine Sidekicks Grag und Otto zuständig, die sich ständig stritten und auch mal impulsiv handelten und Fehler machten. Interessant, dass diese zutiefst menschlichen Regungen ausgerechnet künstliche Wesen empfanden. Das Tolle am Captain war aber, dass er trotz der genannten Eigenschaften, die ihn auch trefflich für einen Technokraten-Job in der EU-Verwaltung qualifiziert hätten, der Action nie aus dem Weg ging, sondern im Gegenteil nur für die unmöglichsten Aufträge gerufen wurde, für die es eigentlich einen richtigen Draufgänger gebraucht hätte.

Für weniger als die Rettung von ganzen Planetenbevölkerungen machte die Future-Crew die Tore ihrer Basis auf dem Mond gar nicht auf. Aber wenn die "Comet" mit Besatzung einmal zum Einsatzort unterwegs war, dann drohten gewaltige Gefahren, lockten riesige Abenteuer: Zeitreisen; Männer, die sich Affen zurückverwandeln; ein Volk, das auf dem Halley'schen Kometen lebt; Tiermenschen; Geistestransplantationen zwischen Menschen und Amphibien; Futures Erzfeinde: Vul Kuolun und der Herrscher von Megara. Und meine Lieblingsgeschichte, in der Captain Future, nachdem er mit einem Haufen Strafgefangener auf einem unbewohnten Planeten ausgesetzt worden ist, nur mithilfe der vorhandenen Bodenschätze einfach mal ein komplettes Raumschiff für die Flucht baut. Dass er aus fast nichts alles erschaffen konnte, dafür habe ich ihn besonders geliebt. Sorry, Scotty und MacGyver, aber da konntet sogar ihr nicht mithalten.

Der Ton macht die Faszination

Ich kann mich an keine Fernsehserie erinnern, bei der mich die Töne noch mehr in den Bann gezogen haben als die Bilder. Dieser Effekt setzte sofort ein und hält bis heute an. Höre ich die geniale Musik, die Christian Bruhn für die deutsche Fassung geschrieben hat, setzt in meinem Kopf sofort eine Zeitreise in meine Kindheit ein. Und ich kann mich an bestimmte Geräusche erinnern, zum Beispiel das pulsierende Blubbern, das der Behälter von Professor Wrights Gehirn von sich gab, wenn er durch die Gegend flog. Oder das knurpsende Quietschen, mit dem Ottos Verwandlungen vor sich gingen. Oder den blechernen Klang von Grags Stimme.

Ebenso werde ich die Synchronstimmen nie vergessen. Sie hatten sich sofort in mein kindliches Gehör gebrannt: Wenn ich manchmal spät abends – nach dem Zubettgehen – noch einmal an der Wohnzimmertür vorbeischlich, hörte ich vom elterlichen Fernseher die Stimme Captain Futures herübertönen. Er redete profanes, seiner unwürdiges Zeug. Er redete von Frauen und von Öl. Ich verharrte jedes Mal erschrocken, bevor die Vernunft zurückkehrte und mir ins Gedächtnis rief, was ich natürlich längst wusste: Der Mann (Hans-Jürgen Dittberner), der die Ehre gehabt hatte, Captain Future zu synchronisieren, lieh seine Stimme auch anderen - in meinen Augen natürlich unwürdigen - Fernsehfiguren.

Was mich so erschreckt hatte, war Bobby Ewing aus "Dallas".

Ralf Sander

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