Die Berlinale ist fast zur Hälfte herum, und bisher gab es keinen wirklichen Aufreger. Weder die Möchte-gern-Berlinackten (was macht eigentlich Bai Ling?), noch die Sitzblockade der Öko-Aktivisten "The Yes Men" bei der Gala "Cinema for Peace" haben auch nur ansatzweise etwas von einem waschechten Skandal. Kein Shia LaBeouf, der sich die Tüte über den Kopf zieht, kein Film, der die Kritiker oder gar das Festival entzweit. Erst recht kein Jurymitglied, das aus der Reihe tanzt. Und auch kein Regisseur, der sich Lars-von-Trier-mäßig um Kopf und Kragen redet.
Bleibt der Skandal mit Methode, der lange geplante, durchorganisierte, ins Verbraucher-Hirn gehämmerte Skandal, der deshalb eigentlich keiner ist. Nehmen wir den Film "Fifty Shades of Grey", der am Mittwoch in Berlin Weltpremiere feiert und für viele DAS Berlinale-Ereignis ist, obwohl er mit allem, was das Festival bedeutet, sehr wenig zu tun hat. Aber hey: sex sells - wenn es sein muss mit Reitgerte und Kabelbinder.

Der letzte Tango von Berlin
Nach Monaten des dominanten Schweigens, in denen niemand diesen von Millionen Fans ersehnten Film gesehen hat, in denen es nichts als Gerüchte gab, durfte Regisseurin Sam Taylor-Johnson endlich den Mund aufmachen und dem "Hollywood Reporter" davon berichten, wie "frustrierend" die Arbeit im Spielzimmer mitunter war.
18 Monate lang hat Taylor-Johnson ("Nowhere Boy") sich mit Knoten, Schlägen und Unterwerfung vertraut gemacht, mit Schauspielern gerungen (Charlie Hunnams Abgang) und sich immer wieder mit Autorin EL James angelegt, die angeblich zu genaue Vorstellungen davon hatte, wie der Film auszusehen hat.
In Berlin wird "Fifty Shades of Grey" das erste Mal vor Publikum gezeigt. Das sei "beängstigend und aufregend" zugleich nach all der Zeit der absoluten Geheimhaltung, sagt Taylor-Johnson.
Zur Vorbereitung habe sie übrigens Filme wie "9 1/2 Wochen", "Der letzte Tango von Paris" und "Blau ist eine warme Farbe" gesehen. (Ungeduldige können sich damit ja darauf einstimmen).

"Die Erotik hört bei der Penetration auf"
Die Schauspieler: Dakota Johnson sei "einfach" gewesen, sagt Taylor-Johnson. Von Anfang an dabei, "stark und hoch konzentriert". Christian Greys Besetzung sei eine andere Sache gewesen, weil Charlie Hunnam eben irgendwann begriffen habe, dass die Verfilmung von drei Büchern zehn Jahre Lebenszeit bedeute. Mittlerweile könne sie sich aber niemand anderes als Jamie Dornan in der Rolle von Mister Grey vorstellen, so die Regisseurin. Bis dahin sei es allerdings ein steiniger Weg gewesen.
Die Sexszenen:
"Wir haben uns definitiv zurückgehalten", sagt Taylor-Johnson. Sie sei sich immer im Klaren gewesen, dass etwas zu Deutliches wie "Blau ist eine warme Farbe" nicht möglich sei. Aber das habe der Film auch gar nicht gebraucht. "Wenn ich Filme sehe, hört die Erotik bei der Penetration auf." Denn das Erotischste sei doch der Weg dorthin.
Eine Frau als Regisseur?
In der Zusammenarbeit mit Dakota Johnson sei es definitiv hilfreich gewesen, dass eine Frau Regie führt.
Die Zusammenarbeit mit EL James:
"Ich sage nicht, dass es nicht hilfreich war, aber manchmal war es richtig, richtig frustrierend."
Und was kommt als nächstes?
Es sei wie mit dem Kinderkriegen, sagt Taylor-Johnson. Nach einer langen, schwierigen Geburt denke man: "Erstmal nicht, nein".
Morgen Abend wissen wir, was genau sie damit meint.