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"Funny Games U.S." Aus Ulrich Mühe wird Tim Roth

Vor zehn Jahre schockte Michael Haneke das europäische Publikum mit "Funny Games". In die Ferienhaus-Idylle einer Urlauberfamilie brechen zwei junge Männer ein und beginnen mit einem perfiden Spiel. Nun hat Haneke den Gewalt-Thriller für den US-Markt neuverfilmt und die Hauptrollen mit den Hollywood-Stars Tim Roth und Naomi Watts besetzt.
Von Matthias Schmidt

Am Anfang dieser Rezension sollten eigentlich zwei blinkende Knöpfe stehen: Drücken Sie bitte hier, wenn Sie das Original von "Funny Games" schon kennen. Drücken Sie bitte hier, wenn Sie das Original noch nie gesehen haben.

Ein albernes Spielchen zwar, das man mit jeder Art von Remake machen könnte. Nach dem Motto: Wer in der Welt braucht tatsächlich eine Neufassung des "Rosaroten Panthers" mit Steve Martin statt Peter Sellers? Oder von "Ladykillers" oder vom "Flug des Phoenix" oder vom "Planet der Affen" oder von "Alfie"? Im Falle des aktuellen Werks von Michael Haneke, also dem Mann, der zuletzt mit dem Thriller "Caché" oder der "Klavierspielerin" für beunruhigende und beunruhigend gute Kinokunst sorgte, geht es aber nicht nur darum, Jude Law in den übergroßen Fußstapfen von Michael Caine stolpern zu sehen. Die Sache ist etwas verzwickter.

Ähnlich wie schon Gus Van Sant in seinem gescheiterten Hitchcock-Remake "Psycho" drehte Haneke einen von Cineasten geschätzten Film einfach noch einmal. Bloß mit dem Unterschied, dass es sein eigener Film war, den er da für ein amerikanisches Publikum adaptierte: gleiche Handlung, gleiche Dialoge, gleiche Kameraeinstellungen. Nur die Rollen wurden naturgemäß neu besetzt. Ließen sich in "Funny Games" von 1997 noch Ulrich Mühe und Susanne Lothar misshandeln, sind es nun Tim Roth und Naomi Watts. Was das den Kinozuschauern von heute bringt?

Knopf eins:

Nichts, nada, nothing. Die Erkenntnis, dass sowohl Roth und Watts als auch Michael Pitt und Brady Corbet in der Rolle der beiden jungen Kriminellen hervorragende Schauspieler sind, überrascht nicht wirklich. Die Geschichte einer arglosen Familie, die in ihrem Ferienhaus wie aus dem Nichts mit einem völlig irrationalen Gewaltausbruch konfrontiert wird, mit erniedrigenden Psychospielchen bis hin zum Mord, hat an ihrer Perversität und Intensität wenig eingebüßt. Beim Abspann des Films fühlt man sich einfach schlecht.

Aber warum sollte man sich das bitte ein zweites Mal antun? Vor allem, wenn man sowieso schon weiß, wie böse das alles enden wird? Aus sadomasochistischem Spaß? Damit wäre "Funny Games" nur ein Folterporno für Intellektuelle und keinen Deut tiefgründiger oder künstlerisch wertvoller als "Hostel" oder "Saw".

Knopf zwei:

Die Geschichte und die Abscheu erwischen einen eiskalt, das mulmige Gefühl in der Magengegend will gar nicht mehr weichen. Dennoch ist das Grundthema des Films in den letzten elf Jahren schlecht gealtert. Vieles wirkt inzwischen überzogen symbolträchtig und bedeutungsschwanger: die Blutspritzer auf dem Fernseher (Teufel Massenmedien!), das klinisch weiße Outfit der bösen Buben (Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?), die direkt in die Kamera gesprochenen Publikumsadressen, die den Zuschauer aufrütteln sollen, aber doch nur pädagogisch mit dem Zeigefinger fuchteln. Das ist am Ende mehr eine plakative Studie über Gewalt in den Medien und deren Rezeption als ein wirklich beeindruckender Kinoabend. Dann lieber gleich das Original, das irgendwie besser in die Zeit passte.

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