"Urmel aus dem Eis" Dino-Baby im Mupfel-Paradies

"Ice Age" war gestern. Mit "Urmel aus dem Eis" ist der aktuelle Boom aufwendiger deutscher Kinderfilmproduktionen nun bei einem Kleinod aus der Glanzzeit der TV-Unterhaltung angelangt.

Der Trickfilm "Urmel aus dem Eis" recycelt eine allerliebste Fernsehserie aus den späten Sechzigern und wird zumindest bei den Eltern der Zielgruppe nostalgische Gefühle auslösen. Der Charme der Marionetten-Serie, bei der die Könner von der Augsburger Puppenkiste die Strippen zogen, ist natürlich dahin. Wo einst wogende Plastikplanen zur Ozean-Improvisation dienten und das in der Neuzeit gestrandete Dinobaby Urmeli an Fäden herumwackelte, herrscht nun die schöne, neue Welt der Hightech-Computeranimation.

Die hannoversche Animationsfilmschmiede Ambient Entertainment versucht damit zum zweiten Mal, Hollywoods Trickfilmgiganten ein Stück vom Kuchen zu entreißen. Die erste Produktion, der allzu rasant um die Ecke gedachte Kinderfilm "Back to Gaya" floppte zwar an der Kinokasse, doch das Urmeli könnte es packen. Denn dramaturgisch und inhaltlich hält sich der Film eng an die Vorlage und erzählt eine liebenswert-behäbige Geschichte.

Wie gehabt lebt also auf der paradiesischen Vulkaninsel Titiwu eine Mensch-Tier-WG unter der Obhut des zerstreuten Professors Habakuk Tibatong, der den Tieren das Sprechen beibringt. Eines Tages wird ein urzeitliches Riesenei angeschwemmt, das die Tiere vereint ausbrüten. Kaum geschlüpft, gewinnt das unternehmungslustige Saurierbaby bald alle Herzen. Weil der naive Habakuk jedoch eine Flaschenpost mit seiner Entdeckung an König Pumponell gesandt hat, fliegt der jagdlüsterne Fürst auf die Insel, um das Urviech seiner Trophäensammlung einzuverleiben.

Der See-Elefant hat den Blues

Der lispelnde Pinguin Ping zankt mit Waran Wawa um die Muschel, der hochnäsige Schuhschnabel Schusch ärgert den fluglahmen Pinguin, Haushälterin Wutz nörgelt über Schlamper, und See-Elefant Seelefant knödelt selbstmitleidige Balladen. Fade ist nur das einzige Menschenkind, Habakuks Adoptivsohn Tim. Das tierische Personal dagegen rettet mit Hilfe prominenter Sprecher seine Verschrobenheiten in den Film hinüber. Charakter beweist besonders die von Anke Engelke gesprochene barsche Haushälterinnen-Wutz, die bei Urmel die Mutterstelle einnimmt, und der unverwüstliche Wolfgang Völz als Louis Armstrong singender See-Elefant mit Dauerblues.

Die Macher kamen nicht umhin, die Geschichte modisch aufzumotzen, doch die Gesangseinlagen bleiben spärlich. Und wenn zwar mal gesurft und gerülpst wird, aber weder anbiedernder Jugendslang noch oberschlaue Anspielungen die Stimmung verderben, erweist der Film dem Geist der Originalserie seine Reverenz. Am Ende wird mit einem Vulkanausbruch die Spannungsschraube angezogen, doch nicht überdreht. Auch ästhetisch ist der angenehm betuliche Film an kleinere Kinder adressiert, und so sind die Figuren nicht windschnittig à la Hollywood, sondern knuffig gepolstert. Und das kulleräugige Urmel darf als süßester Mini-Godzilla weit und breit ruhig auch in Serie gehen. Weitere Sprecher: Oliver Pocher, Wigald Boning, Christoph Maria Herbst, Domenic Redl und andere.

Birgit Roschy/AP

PRODUKTE & TIPPS

Mehr zum Thema