Was fasziniert Sie so an den Edgar-Wallace-Filmen?
Kalkofe: Ich bin mit diesen Filmen aufgewachsen. In den Siebzigern gab es wenig Vergleichbares, bei dem auch ein eigenes fantasievolles und etwas abgedrehtes Universum geschaffen wurde. In den Edgar Wallace-Filmen gab es keine festen Figuren - Joachim Fuchsberger war zwar immer der Inspektor von Scotland Yard, aber er hieß immer anders, damit er jedes Mal eine andere Frau haben konnte.
Pastewka: In den Jahren 1959-72 gab es 32 Wallace-Filme. Die haben teilweise vier Filme im Jahr geschafft. Wir brauchen drei oder vier Jahre, bis ein Film in die Kinos kommt. Die "gute alte Zeit", die wir immer so heraufbeschwören, weil wir da noch Zeit hatten, ist bei den Wallace-Filmen total außer Kraft gesetzt.
Haben Sie unter den Inspektoren und Schurken bestimmte Lieblingsfiguren?
Pastewka: Ich habe mal eine "Edgar Wallace-Bibel" zusammengestellt, weil ich die Filme im Gegensatz zu Olli Kalkofe und Olli Welke, die ja deutlich älter sind als ich, nicht kannte. Als wir 2002 das erste Drehbuch geschrieben haben, habe ich mir ein paar Wallace-Filme gekauft. Dann fand ich die Serie so grandios, dass ich mir alle Filme gekauft habe.
Kalkofe: Wir dachten, wir wären Experten. Dann kam er und wusste alles.
Pastewka: Ich hab für Olli und Olli Listen gemacht: was ist in jedem Wallace-Film drin, was gibt es für tolle Dialoge...
Kalkofe: Bastian kann wirklich jeden Wallace-Film als Diagramm zeichnen.
Pastewka: In bunte Farben aufgeteilt...
Kalkofe: Auch als Säulenmodell - wie man möchte.
Ein Großteil des jungen Film-Publikums kennt die Edgar Wallace-Filme nicht. Was bedeutet das für das Verständnis der Komik?
Kalkofe:
Bei den meisten Parodien kennen die Leute das Original nicht. Eine gute Parodie funktioniert so: Man muss erkennen, welche Welt da parodiert wird, mehr braucht man nicht.
Pastewka:
Wenn man sich einmal an das böse W-Wort im Titel gewöhnt hat, kann man sich ins Kino setzen und die Komödie angstfrei genießen. Um "Neues vom Wixxer" zu verstehen, ist es nicht einmal notwendig, dass man den ersten Film gesehen hat.
Kalkofe:
Bei einer Parodie geht es ja auch immer um den Schlaumeier-Faktor. Wenn alle lachen, ist es ja schon nicht mehr cool. Aber solange man im Kino sitzt und merkt: "Ha! Den Witz hab ich kapiert und Ihr nicht!", ist es doch schön.
Pastewka:
Die Wiederholungen der Wallace-Filme kriegen gerade bei den jungen Zuschauern unglaublich gute Quoten. Es ist ein Irrglaube, dass Leute nur Filme gucken, die in ihrer Zeit entstanden sind. Würden wir zu spezifisch werden und jetzt nur noch Parodien machen oder einen reinen Edgar-Wallace-Film - dann würden wir fehlgehen. Da wir nun aber eine Parodie auf Edgar Wallace machen und gleichzeitig eine Komödie und einen Kriminalfall erzählen, die jeder versteht, funktioniert es.
Wie war es, mit den Original-Schauspielern aus den Edgar-Wallace-Filmen zu spielen?
Kalkofe: Fantastisch. Fuchsberger vor allem ist das Größte. Wenn man es schafft, in so einer Parodie einen Gast-Auftritt von einem Original-Schauspieler zu bekommen, das ist ja das Übliche. Aber dass er eine Hauptrolle übernimmt und quasi eine Fortführung seiner Rolle spielt, nachdem er uns beim ersten Teil ignoriert hat und gar nicht mit uns sprechen wollte – ein schöneres Geschenk hätte man uns nicht machen können. Das Allerschönste daran ist, dass es auch ihm so einen Spaß gemacht hat.
Pastewka: Als er in unserem Prager Studio die ganzen Sets sah, meine ich in seinen Augen einen Edgar-Wallace-Glanz gesehen zu haben. Er sagte: "Mensch, hier sieht es ja wirklich aus wie im 'Schwarzen Abt'!"
Kalkofe: Er reiste in diese Zeit zurück, es war für ihn wie damals. "Ich kam als 79-Jähriger und gehe als 39-Jähriger", sagte er.
Waren Sie aufgeregt, als Joachim Fuchsberger am Set ankam?
Kalkofe: Sehr. Er sollte am Abend vor seinem ersten Drehtag ankommen. Als sein Flieger gecancelt wurde, hatte ich die ganze Nacht Alpträume - Fuchsberger ist weg, entführt. Richtig bescheuert. Am nächsten Tag, als wir schon drehten, kam er dann. Es ging ein Raunen um: "Der Fuchsberger ist da, der Fuchsberger ist da". Alle waren ganz aufgeregt. Ich bin zu ihm und hab nur gesagt: "Herr Fuchsberger, Sie glauben gar nicht, wie glücklich ich bin, dass Sie jetzt endlich hier sind." Da nahm er mich in den Arm und sagte: "Na, was meinste, wie ich mich freue!"
Pastewka: Er hat einfach fantastisch gespielt, mit diesem ganz klaren Edgar-Wallace-Ton in seiner Stimme, mit dieser Lust auch am ironischen Spielen mit seiner alten Rolle. Und er hat es auch als Komödiant gespielt, als Entertainer.
Welche Drehtage sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?
Kalkofe:
Das Schlimmste war für mich die Badewanne. Das war nur 'ne halbe Seite im Drehbuch, aber der Dreh war furchtbar. Ich musste einen Ganzkörper-Neoprenanzug tragen, darüber die Klamotten und die Zwangsjacke. Darin kannst du dich nicht mal kratzen! Ich lag in einer extrem unbequemen, ganz schmalen Zinkbadewanne in lauwarmem Wasser, das immer nachgeschüttet wurde.
Pastewka:
Kaltes! (lacht)
Kalkofe:
Mit der Zeit wandert aber Luft in die Klamotten, und man schwimmt hoch. Deshalb bekam ich dicke Metallgewichte auf den Bauch gelegt. Und das den ganzen Tag! Ich konnte nicht mal auf Toilette gehen. Die anderen haben immer mal Pause gemacht, liefen um mich rum, haben gegessen, irgendjemand hat mich einmal mit Pommes gefüttert, das war das einzig Schöne. Abends merkte ich: "Ich krieg 'ne Grippe, ich kann echt nicht mehr." Und dann kommen die beiden Regisseure und sagen: "Ähm, am Samstag müssen wir das noch mal drehen." Ich darauf: "Ja, ja, ha ha, super." Das Schlimme war: Sie meinten es ernst. Ich krieg sowieso im ganzen Film andauernd in die Fresse, werde geschlagen, gefoltert, gejagt...
Pastewka:
Dafür darfst du aber Christiane Paul küssen.
Kalkofe:
Und ich werde von Dir umarmt. Mehr kann man sich kaum wünschen.
Wie viel Autobiografisches steckt in den von Ihnen verkörperten Figuren Very Long und Even Longer?
Kalkofe:
Erschreckend viel. Wir haben es erst bei der Vorbereitung auf die Rolle gemerkt. Bastian, Olli Welke, der ja mit uns das Buch geschrieben hat, und ich haben, ohne es zu wissen, eine Person aus dem Paralleluniversum erschaffen, die wir eigentlich selbst sind. Letztendlich sind das alles Parodien und Karikaturen auf uns selber. Deswegen war es diesmal auch nicht schwer, die Figuren zu spielen.
Inwiefern haben sich die Charaktere aus dem ersten Teil weiterentwickelt?
Pastewka:
Als sich Long und Longer im ersten Teil kennen gelernt haben, gab es zunächst von Seiten des Chief Inspectors große Skepsis gegenüber seinem neuen Partner. Die beiden sind wie Feuer und Wasser, dieser Very Long ist für Chief Inspector Even Longer nur eine Übergangserscheinung. In den letzten drei Jahren mussten sie sich aber leider doch aneinander gewöhnen. Im zweiten Film brauchten wir für beide wieder eine neue dunkle Bedrohung. Very Long steht höchstpersönlich auf der Todesliste des Wixxers, und für Chief Inspector Even Longer ist es vielleicht noch schlimmer, denn er hat sich verliebt! In eine Frau, die adelig und vor allen Dingen auch hübscher ist als er.
Kalkofe:
Der erste Film war fast wie ein Pilotfilm, da haben wir viel falsch gemacht. Bei unseren beiden Figuren haben wir hinterher gemerkt, dass wir uns gar nicht getraut haben, etwas zu uns zu erzählen und sie total vernachlässigt haben. Im zweiten Film haben wir die Geschichte der beiden weiterentwickelt, dadurch sind wir mit den Figuren richtig eins geworden. Wenn wir jetzt den Anzug anziehen, sind wir das.
Wie ist Ihre Zusammenarbeit untereinander beim Dreh? Sind Sie sich meistens einig oder kriegen Sie sich in die Haare, gehen Sie sich auf die Nerven?
Kalkofe:
Von allem ein bisschen. Es ist normal, dass man mal unterschiedlicher Meinung ist. Man möchte das Beste rausholen, da gibt es viele Diskussionen, auch gerade mit den beiden Regisseuren. Manchmal hat es zwar lange gedauert, bis wir die optimale Lösung hatten, aber das ist wichtig und hat immer super Spaß gemacht. Wir haben uns deswegen aber nicht schlecht verstanden. Es war eher wie ein Klassenausflug. Wann immer es ging, haben wir abends noch etwas unternommen und sind eine kleine "Wixxer"-Familie geworden.