Aron Ralstons Geschichte ist extrem. 127 Stunden war der Kletterer in einer engen Schlucht im entlegenen Blue John Canyon im US-Staat Utah eingeklemmt. Er war alleine unterwegs, als ein schwerer Felsbrocken seinen rechten Arm zerschmetterte. Am sechsten Tag sah er nur noch einen Ausweg, um sich aus der Falle zu befreien. Mit einem stumpfen Taschenmesser trennte der damals 27-Jährige seinen Unterarm ab. Er war frei, aber noch nicht gerettet. Mit dem blutigen Stumpf musste er sich abseilen und kilometerweit laufen, bis er auf Hilfe traf.
Der preisgekrönte "Slumdog Millionär"-Regisseur Danny Boyle hat daraus einen Film gemacht, der an diesem Donnerstag in den deutschen Kinos startet. Die Oscar-Akademie belohnte den Streifen gleich mit sechs Nominierungen. "127 Hours" könnte am 27. Februar in Hollywood zum besten Film gekrönt werden. Als eingeklemmter Kletterer kämpft James Franco in "127 Hours" ums Überleben.
Mit einer Armprothese, die eher wie ein Multifunktionswerkzeug aussieht, wanderte Ralston wenige Monate nach dem dramatischen Erlebnis wieder los. Knapp zwei Jahre später hatte er sein Ziel erreicht, alle 54 über 4200 Meter hohen Berge im US-Staat Colorado zu besteigen. In einem Buch beschreibt er die Grenzerfahrung in der Schlucht, aber auch seine ungebremste Faszination für Abenteuer in der unberührten Wildnis. "Ich mache immer noch tausend Sachen mehr in meinem Leben, als die meisten Menschen, die noch alle Gliedmaßen haben", sagte Ralston 2005 der Nachrichtenagentur dpa.
Ralstons Survival-Story hätte leicht tödlich enden können. Wie die des 22-jährigen Amerikaners Christopher McCandless, der sich im Frühjahr 1992 in die Wildnis von Alaska aufmachte. Im August fanden Jäger die Leiche des ausgezehrten jungen Mannes in einem alten Bus am Stampede Trail unweit des Denali National Parks. McCandless war der Rückweg über einen nach der Schneeschmelze angeschwollenen Fluss versperrt, so dass er letztlich in dem ausrangierten Bus verhungerte. Mit "Into the Wild" (2007) verfilmte Oscar-Preisträger Sean Penn die Lebensgeschichte des Aussteigers. Als Vorlage diente der Tatsachen-Roman des Journalisten und Extrembergsteigers Jon Krakauer.
Krakauer war 1996 selbst Augenzeuge der bisher größten Katastrophe in der Geschichte des Everest-Alpinismus. Für das Abenteurermagazin "Outside" sollte er als Teilnehmer einer privaten Expedition über die zunehmende Kommerzialisierung der Gipfelbesteigungen auf den mit 8 848 Metern höchsten Berg der Erde berichten. Acht Menschen kamen bei der Massenkletterei am 10. Mai ums Leben. Krakauer überlebte unter anderem, weil er den Weg vom Gipfel zum Lager früher als die anderen vor Einbruch eines Sturms angetreten hatte. In seinem Katastrophen-Tagebuch "Into Thin Air" ("In eisige Höhen") beschreibt er, wie die Fixierung auf die Gipfel-Eroberung zur tödlichen Gefahr werden kann.
Das Überleben des britischen Kletterers Joe Simpson bei einer Tour in den peruanischen Anden grenzt an ein Wunder. Das Dokudrama "Sturz ins Leere" (2003) schildert eine der unglaublichsten Survival- Geschichten der Bergsteigerei. 1985 erklommen Simpson und sein Freund Simon Yates den Gipfel des über 6300 Meter hohen Siula Grande. Doch beim Abstieg kam es zu einer Katastrophe nach der anderen. Simpsons Bein wird bei einem Sturz zerschmettert. Yates seilt ihn im Schneesturm ab, doch die Aktion misslingt. Er durchtrennt das Seil, um selbst nicht abzustürzen, eigentlich bedeutet das den Tod für seinen Kameraden. Doch Simpson überlebt den Fall in einer Gletscherspalte. Mit schier übermenschlicher Kraft kriecht er über Eis und Geröll. Dem Tod nahe erreicht er nach Tagen das Zeltlager. Nach sechs Operationen kehrte Simpson zu seinem geliebten Extremsport zurück.
"Aufgeben kam gar nicht in Frage", erzählt der gebürtige Thüringer Rudi Schulz über seine Wandertour im kalifornischen Yosemite-Park, die er mit schweren Erfrierungen und nur mit viel Glück überlebte. Bei strahlendem Sonnenschein war er Anfang November 1998 mit Zelt und etwas Proviant alleine aufgebrochen. Nach drei Tagen verirrte er sich, ein früher Wintereinbruch bedeckte alles mit Schnee. Der damals 37-jährige Maschinenbauingenieur irrte hungrig und mit erfrorenen Füßen weiter durch die Wildnis, auf der Suche nach einer Passstraße, die er auf seiner Wanderung zuvor überquert hatte. Die geplante dreitägige Tour wurde zur einwöchigen Tortur.
Entkräftet bahnte er sich einen Weg zu der inzwischen verschneiten Straße. Ein Suchteam des Nationalparks spürte ihn dort auf. Der große Zeh am erfrorenen linken Fuß war nicht mehr zu retten, doch Schulz hätte leicht sein Leben verlieren können. Ein Parkranger sagte ihm später: "Wenn du in der Wildnis sitzen gelieben wärest, hätte man dort im Frühjahr deine Knochen gefunden". Der passionierte Wanderer und Läufer trainiert derzeit für einen Marathon. Die Grenzerfahrung habe ihn viel gelehrt, erzählt Schulz. Auch dies: "Ich werde nie wieder in einem Naturpark den Weg verlassen".