Mythos blond Kommt 'ne Blondine nach Hollywood

Sie sind wie immer blond, schön und sexy. Doch irgendwie sind Hollywoods Blondinen nicht mehr das, was sie mal waren. stern.de hat nach der Sexbombe gesucht - und lauter Mogelpackungen gefunden.

Diese Haare, diese Lippen, diese Augen. Mit wohlmanikürter Hand streicht sich Charlize Theron eine blonde Strähne aus dem Gesicht, presst die Lippen ein wenig aufeinander, so dass sie noch voller wirken. Wen der direkte Blick aus ihren grünen Katzenaugen erwischt, der ist entweder augenblicklich verliebt oder hat sich verbrannt. Aber das ist der Hollywoodschauspielerin herzlich egal.

"Fuck you!", warf die 32-Jährige einem Journalisten im Interview entgegen, als der eine zu private Frage stellte. Der ist schockiert, sogar ein bisschen weiß um die Nase, schließlich ist man das von Hollywoods Schönheitsfront nicht gewöhnt. Blondinen sind Sexgöttinnen, vielleicht manchmal auch ein bisschen unterkühlt, aber sie sagen weder "fuck", noch ihre Meinung. Und sie ziehen schon gar nicht ihre Augenbrauen so genervt hoch, wie Frau Theron das gerade tut. Oder müssen wir umdenken?

"Ich mag mein Aussehen"

Sieht ganz so aus, denn Theron ist nicht allein und auch noch nicht fertig: Frauen sei Komplexität nicht erlaubt, schimpfte sie jüngst im Gespräch mit der britischen Zeitung "Observer". "Oder können Sie sich einen weiblichen 'Taxi Driver' vorstellen?" Das Publikum wolle diesen Blick nicht durch die Augen einer Frau tun. Aber dieses Rütteln am männerdominierten Status quo ist nur die eine Seite der modelnden Schauspielerin, die mit Filmen wie "Monster" oder auch "Valley of Elah" offenbar versucht, ihren blonden Sexappeal zu korrigieren. Im nächsten Augenblick räkelt sie sich nämlich halbnackt für eine Fotostrecke im Männermagazin. "Na, raten Sie mal! Ich bin ein sexuelles Wesen. Daran ist nichts falsch." Fehlt nur noch, dass sie mit der zierlichen Faust auf den Tisch haut. "Warum müssen wir uns dafür schämen, viele verschiedene Dinge zu sein? Warum dürfen wir nur eins sein: Mutter oder Hure? Ich bin eine Frau, ich mag mein Aussehen, also feiere ich es. Dafür brauche ich mich nicht zu entschuldigen."

Und wer's immer noch nicht kapiert hat, den schickt sie ins Kino: In "Hancock" spielt die Südafrikanerin eine perfekte Mutter von nebenan, strahlend schön, garantiert nach frischgebackenen Muffins riechend und natürlich blond. Bis sie erkennt, dass sie ihrem Schicksal nicht entkommen kann: Sie ist eben eine Superheldin. Und plötzlich wird aus der weichgespülten Supermami eine blonde Furie, der die hellen Strähnen über die dunkelumrandeten Augen fallen, aus denen sie unheilvolle Blicke abfeuert.

Lauter und dreckiger

Es geht aber auch weniger dramatisch: "Grey's Anatomy"-Star Katherine Heigl ist ebenfalls so eine Blondine 2.0, lacht aber lauter, dreckiger und mehr als ihre Kollegin. Sie raucht Kette und weiß ganz genau, was sie von Hollywood will, und was sie Hollywood dafür nicht geben wird. Auch sie ist eine Mogelpackung: außen weich wie Lingerie, innen ein Selbstbewusstsein aus Stahlbeton.

Doch obwohl diese Frauen ihre Karrieren angehen wie ihre einzelkämpfenden Kollegen, sind sie erstaunlich familienfreundlich: Theron ist seit sieben Jahren mit demselben Mann zusammen, was in Hollywood der unendlichen Liebe gleichkommt. Heigl hat im vergangenen Jahr geheiratet, und natürlich will sie Kinder. "Ich will das, was ich als Kind hatte: Tradition, Stabilität und Nähe."

Schon wieder hält die Frau nicht, was blonde Locken und roten Lippen versprechen. Schnell, scharf und ehrlich anstatt kokett, naiv und lieblich kommen ihre Antworten. "Ich habe hart gearbeitet, um das hier zu erreichen. Ich wurde enttäuscht und habe weitergemacht. Bei aller Ablehnung und Konkurrenz musste ich den Glauben an mich selbst bewahren." Immerhin: Das "fuck you" ist weniger ihr Ding. Gemeinsam ist den Hollywood-Blondinen wiederum, dass sie vom Glamour nicht viel halten. Partys seien auf Dauer einfach zu anstrengend. "Ich langweile mich so schnell", sagt Theron. "Man muss das Spiel nur spielen, wenn man gerade einen Film gedreht hat", so Heigl.

Da stimmen hellschopfige Kolleginnen zu: Reese Witherspoon kümmert sich wie auch Gwyneth Paltrow lieber um ihre Kinder. Cate Blanchett fügt dem Familienglück noch eine der beeindruckendsten Karrieren seit Katharine Hepburn hinzu. Scarlett Johansson geht vielleicht auf ein paar mehr Partys, macht aber sonst, was sie will. Zum Beispiel mit ernstzunehmendem Talent Tom-Waits-Songs singen.

Sklavenhaare

Das war früher mal ganz anders: Zwar galt blondes Haar bereits bei den Römern als göttlich und Schönheitsideal, weshalb so manche germanische Sklavin ihre Blondheit im Haargeflecht der Herrin lassen musste, aber die Blondine, wie wir sie kennen, ist ein Geschöpf der 50er Jahre.

Was in den 20ern mit wasserstoffblondierten femmes fatales à la Marlene Dietrich begann, wandelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zum Turboweibchen: blond, blauäugig, hilflos, kindlich und sexy zugleich: Marilyn Monroe war das ultimative Pin-up. Wenn auch keine glückliche Frau, wie ihr früher Tod zeigt, was jedoch Millionen Frauen nicht davon abhielt, diesem Vorbild nachzueifern - vom Erfolg einer Madonna bis zur Tragödie der Anna Nicole Smith.

Von Bardot bis Basinger

So bevölkerten Leinwandträume von Jayne Mansfield bis Brigitte Bardot die roten Teppiche, Filme hießen "Blondinen bevorzugt", und Wasserstoffperoxid-Händler hatten ausgesorgt. Manchmal bestätigten Ausnahmen die Regel, wenn etwa eine Lauren Bacall ihren blonden Kopf durchsetzte oder Gena Rowlands dem Klischess des Fräuleins in Nöten eine Abfuhr erteilte. Doch bis in die 80er und 90er Jahre hielt sich der Mythos blond. Sehr gut abzulesen an den Blondinen-Witzen, die zu Tausenden kursieren. Und in Hollywood mussten Kim Basinger und Michelle Pfeiffer den strahlenden Kopf hinhalten.

Aber damit ist nun Schluss, Marilyn Monroe hat ausgedient. Die Zeiten sind vorbei, da Claudia Schiffer es als Kompliment empfand, wenn man ihr sagte, sie sehe aus, als habe ein Mann sie im Baukasten zusammengebastelt. Und Pamela Anderson ist definitiv kein Vorbild - nicht mal obenrum. Nun ist auch die Blondine emanzipiert. Erotik: ja, Hilflosigkeit: nein. "Es ist zu einfach, sich auf die blonden Haare und die BH-Größe zu verlassen", sagt Heigl, "Ich bin kein Pin-up für irgendwas", schäumt Theron. In ihrem Herzen sind die neuen Blondinen nämlich alle rothaarig.

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