Worum geht's in "Gespräche mit Freunden"?
Zu Schulzeiten waren Frances und Bobbi ein Paar, jetzt sind die beiden Frauen 21 und studieren in Dublin. Abends treten sie bei Spoken-Word-Events auf und tragen gemeinsam die von Frances geschriebenen Texte vor. Bei einer dieser Veranstaltungen lernen sie die deutlich ältere Journalistin Melissa und über sie ihren Ehemann Nick kennen, einen bekannten Schauspieler. Während sich Bobbi für Melissa interessiert, beginnt Frances heimlich eine Affäre mit dem zehn Jahre älteren Nick. Die Geschichte erzählt, wie sich die Viererkonstellation im Verlauf der Monate verändert.
Warum lohnt sich das Hörbuch?
Wer eine raffiniert konstruierte Geschichte sucht, der man atemlos folgt, könnte enttäuscht werden. Zwar ist "Gespräche mit Freunden" süffig geschrieben, doch die eigentliche Handlung ist recht dünn. Aber darum geht es hier auch gar nicht: Wichtiger als der Verlauf der Affäre und der vier Protagonisten untereinander ist der Kontext, in dem sich das abspielt: Sally Rooney hat sehr genaue Augen und Ohren für die feinen Unterschiede in zwischenmenschlichen Beziehungen. Die finden nie im luftleeren Raum statt, immer gibt es ein Machtgefälle, das sozial, aber auch durch Geschlechtergrenzen definiert ist. Wie diese kleinen Differenzen auch im 21. Jahrhundert das Gefühlsleben beeinflussen, schwingt in fast jeder Szene mit.
Gleichzeitig zeigt Rooneys Roman, wie sich die Kommunikation der Millennials verändert hat: Für Frances gibt es keine Dualität mehr zwischen on- und offline stattdessen gleiten ihre Gespräche mühelos von einem Medium ins andere über: Von der E-Mail zum Chat zur SMS zum Telefon bis zur realen Begegnung. Kommunikation ist der Schlüssel zum Verständnis - und steckt in "Gespräche mit Freunden" nicht ohne Grund schon im Titel.
Wer hat's geschrieben?
Der "Independent" hat sie als "wichtigste Stimme der Millenialliteratur" bezeichnet und mit Jane Austen verglichen. Viel Ehre für eine junge Irin, die erst zwei Bücher veröffentlicht hat. Sally Rooney war erst 26 und studierte noch, als 2017 ihr Debütroman "Gespräche mit Freunden" erschien. Das Buch war auf Anhieb ein Erfolg bei Lesern und Kritikern. Ihr 2018 erschienener zweiter Roman "Normal People" wurde unter anderem als "Buch des Jahres" bei den Irish Book Awards ausgezeichnet.
Wer spricht?
Der rund zehnstündige Text wird von Dagmar Bittner eingelesen. Die routinierte Sprecherin verfügt über ein jugendliches Timbre und ist damit die ideale Wahl, um der 21-jährigen Frances ihre Stimme zu leihen.
Zitat
"Manchmal kam es mir so vor, als würde ich es nicht schaffen, mich für mein eigenes Leben zu interessieren, und das deprimierte mich."