In Berlin, in der Galerie Camera Work in Charlottenburg, gibt es ab dem 5. Dezember eine Weltpremiere zu sehen. Die Ausstellung zeigt die jüngste Reihe des Fotokünstlers Christian Tagliavini – und sie ist ein wirklich opulentes Werk geworden. Unter dem Titel "Circesque" werden mehr als zwanzig Porträts von Frauen gezeigt, deren Optik von den sogenannten Sideshows inspiriert ist, die in den 1920er Jahren in den USA durch das Land zogen. Es handelte sich dabei um eine "Abnormitätenschau", eine Art Völkerschau, ein Varieté-Programm oder eine erotische Darbietung wie Burlesque. Tagliavini hat mehr als drei Jahre an "Circesque" gearbeitet, in der Ausstellung werden neben den Bildern auch Originalobjekte und -kleider zu sehen sein.
Die von Tagliavini gestalteten Motive entführen den Betrachter in eine Zirkuswelt, wie sie zuvor wohl nur im Kopf des Künstlers existiert hat. Die Formen der Kleider, Kopfbedeckungen sowie die kunstvoll geschminkten Gesichter wirken Jahrhunderte alt und gleichzeitig brandneu und ungesehen. Die Frauen, ihre Kostüme, Inszenierung und Körpersprache erzählen Geschichten, die die Fantasie anregen. Alle Bildbestandteile hat Tagliavini, der sich auch als Handwerker versteht, selbst entworfen, designt und hergestellt.
Hereinspaziert, hereinspaziert!
Auch wenn die Frauen klassische Artisten-Berufe verkörpern, von der Seiltänzerin über die Dompteurin bis hin zur Burlesque-Tänzerin, scheinen sie doch Kopfgeburten zu sein, wie man sie etwa aus den Filmen von David Cronenberg kennt: In "Die Unzertrennlichen" erzählt der kanadische Regisseur die Geschichte von Zwillingen, die erfolgreiche Frauenärzter sind, aber auf eine kranke Weise miteinander verbunden, "unzertrennlich" sind. Auf eine ähnliche Weise scheinen auch Tagliavinis Artistinnen etwas für den Betrachter nicht sichtbares im Schilde zu führen.
Christian Tagliavini kam 1971 in der Schweiz zur Welt und wuchs in Italien auf. Seine Ausstellung "Circesque" ist bis zum 20. Februar 2021 dienstags bis samstags von 11 bis 18 Uhr in der Kantstraße 149 in der Galerie Camera Work zu sehen. Eintritt frei.