Der Experte hat endlich gesprochen: Das Ende vergangenen Jahres in England entdeckte Selbstporträt des jungen Rembrandt ist tatsächlich echt. Der niederländische Professor Ernst van de Wetering, der weltweit als bester Kenner des Malers gilt, zweifelt nicht an der Authentizität des auf Kupfer gemalten Werkes. Er stuft das kleine Gemälde aus dem Jahr 1628 sogar als "wesentlich" ein - es diene zum besseren Verständnis von Rembrandts künstlerischen Experimenten aus seiner frühen Periode.
Werke des Meisters aus dieser Zeit wurden bisher häufig als "Kopie" eines "Nachfolgers" eingestuft, weil sie so wenig übereinstimmten mit den späteren Arbeiten Rembrandts. So war es auch mit diesem nun neu entdeckten Selbstporträt. Die Echtheit der Signatur Rembrandts war bezweifelt worden.
Ende Oktober 2007 hatte eine Kunstauktion im britischen Gloucestershire für Schlagzeilen gesorgt mit einem Gemälde, das von einem Rembrandt-Kopierer stammen sollte. Einige sachverständige Händler glaubten an einen echten Rembrandt.
Finanzielles Risiko
Als das kleinformatige Bild versteigert wurde, ging der interessierte Käufer ein finanzielles Risiko ein: Er bezahlte 3,2 Millionen Euro, ohne Garantie, dass es wirklich ein Original von der Hand des damals noch Leidener Künstlers war. Zwar gingen mehrere Kunstexperten, unter anderem von Sothebey's, davon aus, dass das Bild authentisch ist, doch der entscheidende Experte, der sofort das für alle erlösende Wort aussprechen konnte, Profesor Van de Wetering, war unauffindbar.
Auf dringende Handy-Anrufe reagierte er nicht. Denn er hatte sich in Spanien zurückgezogen, wo er passenderweise gerade an einem Kapitel einer Studie über den jungen Rembrandt arbeitete. Von der Aufregung in Großbritannien ahnte er nichts, auch ausführliche Berichte über den Rembrandt-Schatz in spanischen Zeitungen erreichten ihn nicht. Erst ein paar Wochen später, als er in seine Heimatstadt Amsterdam zurückkehrte, wurde er gewahr, dass seine Expertise heiß begehrt war.
Kein schnelles Urteil
Doch ließ er sich unter dem Druck der Öffentlichkeit nicht dazu verführen, auf Grund von Fotos ein schnelles Urteil über den "jungen Rembrandt als Democritus der lachende Philosoph" zu fällen, wie das Bild getauft worden war. Der ehemalige Direktor des Amsterdamer Rijksmuseums und Leiter des Projektes, das schon seit 1968 die Echtheit aller Rembrandts prüft, ging mit einer Stellungnahme an die Öffentlichkeit: "Zu der Frage, ob es sich tatsächlich um ein Werk von Rembrandt handelt, werde ich mich erst äußern, wenn ich es gesehen und gründlich untersucht habe".
An seiner endgültigen Meinung war natürlich vor allem auch der neue, anonyme Besitzer interessiert. Auf dessen Einladung reiste Van de Wetering nach London, führte dort die notwendigen technischen Analysen durch und beurteilte auch die "Pinselhandschrift" des Porträts. Er habe sofort gesehen, dass das Monogramm RHL von Rembrandts Hand war. Die Unterschrift stimmte 100-prozentig mit anderen Signaturen aus demselben Jahr überein. "Sie haben alle dieselbe rhythmische Dynamik", sagte Van de Wetering dem niederländischen Nachrichtenmagazin "HP/De Tijd".
"Der Lacher"
Es gab indes viele Hinweise auf die Authentizität des Bildes. Parallel zu Van de Weterings Arbeit bestätigten Labortests mithilfe von Röntgen, Infrarotstrahlung und Elektronenemissionen die Echtheit. Van de Wetering zeigt sich im nachhinein euphorisch über "Den Lacher", wie er selbst das Bild nennt. "Es war ein Vergnügen, diese Untersuchung durchzuführen. Nicht oft findet man einen jungen Rembrandt". Der neue Eigentümer ist genauso aufgeregt. Er steht vor der Frage, das wertvolle Einzelstück entweder für sich zu behalten oder vielleicht schon bald wieder zu versteigern. Der aktuelle Preis würde so um die acht Millionen Euro liegen, es könnten auch zehn werden.