Kultur Zu kolonialistisch? Norwegen streitet sich über Gemälde zur Entdeckung Amerikas

Das Gemälde "Leiv Eiriksson entdeckt Amerika".
Stieß eine Debatte an: Das Gemälde "Leiv Eiriksson entdeckt Amerika".
© Heritage Images / Imago Images
Das Gemälde ist schon uralt, die Entdeckung Amerikas ohnehin. Dennoch tobt nun in Norwegen eine Debatte um das neue Nationalmuseum – und wird zur Posse.

Wer hat eigentlich Amerika entdeckt? Der erste Reflex lautet wohl: Christopher Kolumbus. Doch vor dessen Reise ins Ungewisse im Jahr 1492 war schon längst ein anderer Europäer vor Ort gewesen: Der Norweger Leiv Eiriksson betrat bereits im Jahr 1021 amerikanisches Festland. Und noch präziser lautet die Antwort natürlich: Die ersten Menschen waren in Form der indigenen Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt schon seit Jahrtausenden vor Ort, hatten noch Mammuts und Riesenfaultieren gegenüber gestanden.

So harmlos diese Frage auch ist, so sehr wirbelt sie aktuell in Norwegen Staub auf. Dort ist Eiriksson nämlich nach wie vor ein Nationalheld – das Bild des Malers Christian Krohg "Leiv Eiriksson entdeckt Amerika" aus dem Jahr 1893 wurde nun aber vom Nationalmuseum verbannt, still und heimlich: Als die Nationalgalerie vor einigen Monaten in ein neues Gebäude zog, wanderte das ungewünschte Bild in den Keller statt in die Ausstellungsräume.

Das neue Nationalmuseum in Oslo. Es wurde erst 2022 eröffnet.
Das neue Nationalmuseum in Oslo. Es wurde erst 2022 eröffnet.
© DPA

Bemerkt hatte das anscheinend bisher kaum jemand – bis die Zeitung "Aftenposten" bei Abteilungsleiterin Stina Högkvist nachfragte und die daraufhin antwortete: "Das Bild ist kolonialistisch". Zudem würde das Bild nicht die Realität wiedergeben: Schließlich seien die Auswanderer zur Zeit der Erstellung des Gemäldes keineswegs wagemutige Helden, sondern vielmehr von der Armut getriebene Auswanderer. Aussagen, die nun wiederum für Wirbel sorgten. So großen Wirbel, dass Högkvist nur einen Tag später zurückrudern musste und sich für ihre Wortwahl entschuldigte.

Auch Direktorin Karin Hindsbo sah sich nun dazu veranlasst, sich öffentlich zu äußern: Das Bild sei nicht wegen "ideologischer Gründe" abgehängt worden. Bei der Erstellung einer Sammelausstellung mit mehr als 400.000 Exponaten sei eine Auswahl grundsätzlich immer schwer. Die Kommentare unter dem Post von Högkvist zeigen zudem ein gesellschaftliches Problem. Högkvist wurde dort schwer beleidigt, etwa mit den Worten, sie sie ein Bastard, vom IS aufgezogen worden und müsse abgeschoben werden.

Ein mildes Ende hat der Streit nun: Das Gemälde wird wieder aufgehängt. Für vier Wochen. Und, wie Hindsbo schreibt, nicht, weil sie eingeknickt seien: "Das liegt daran, dass wir es für relevant halten, ein Werk zu zeigen, über das so viel diskutiert wird."

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