Diese Finger: Immer wieder sind sie groß zu sehen auf der Leinwand hinter der Bühne. Fast zweit Stunden lang wandert Tony Iommis rechte Hand das Griffbrett auf und ab, der Mittel- und der Ringfinger jeweils geschützt durch Plastikkappen. Ende der sechziger Jahre verlor er bei einem Unfall die Kuppen, doch er wollte weiterhin Gitarre spielen. Also stellte er seinen Stil um und erfand so zusammen mit Black Sabbath Heavy Metal.
In Köln haben sich fast 13 000 Menschen in den Lanxess Arena eingefunden, um die Wegbereiter noch einmal zu erleben. Noch acht Auftritte in Großbritannien, die letzten beiden in ihrer Heimatstadt Birmingham, und dann gibt es Black Sabbath endgültig nicht mehr. Viele Frauen sind gekommen - ungewöhnlich für ein Metal-Konzert; viele junge Fans - keine Überraschung, denn Metal ehrt auch stets die Ahnen, fast egal, in was für einer Verfassung die sich befinden.
Nach einem halben Jahrhundert sind Black Sabbath in sehr guter Form, damit war lange Zeit nicht zu rechnen. Als die Band 1979 ihren Sänger Ozzy Osbourne rauswarf, hatte sie sich schon eine Weile mehr um Alkohol und Drogen gekümmert als um Rock'n'Roll. Auch andere Mitglieder gingen, neue Musiker kamen, Tony Iommi hielt am Namen fest, doch hinhören mochten oft nur noch die treuesten Anhänger.
Ozzy Osbourne sieht wieder gut aus
2012 erschien zum ersten Mal wieder ein Album von der Originalbesetzung. Osbourne hatte eine erfolgreiche Solokarriere hinter sich, aber auch viel an Würde verloren, nachdem er auf der Bühne oft orientierungslos gewirkt hatte und sein Privatleben ans Fernsehen verkauft. Heute scheint er wieder Herr seiner Sinne, er sieht gut aus, trifft die vielen tiefen Töne und auch die wenigen hohen. Ansonsten hat er nicht viel zu tun, wenn die Musik mit Wucht die große Halle füllt.
Black-Sabbath-Musik ist voller Brüche und Windungen. Iommi führt die Band durch viele Nummern der ersten drei Alben, er wirkt, als ob er jeden seiner berühmten Akkorde noch einmal feiern wolle. Überhaupt gehen die Musiker ihrer Arbeit mit großem Ernst nach Ton für Ton, Takt für Takt. Geezer Butler beweist noch einmal eindrucksvoll, wie wichtig auch sein Bassspiel für den Sound der Band war. Der Schlagzeuger Tommy Clufetos, 2012 eingesprungen, lässt das Originalmitglied Bill Ward vergessen. Und irgendwo in den Kulissen steckt noch ein Keyboarder, der fällt nicht weiter auf.
Kurz vor 23 Uhr erklingen die ersten Akkorde von "Paranoid“, das 1970 in gerade einmal 20 Minuten entstand. Klar, nur so, mit dem einzigen Hit, den die Band je hatte, kann es hier zu Ende gehen. Als der Song zu Ende ist, treten die Musiker an den Bühnenrand, verbeugen sich und verzichten auf große Worte. Schwer vorstellbar, dass nun tatsächlich Schluss sein soll. Doch auf der Leinwand flammen die Worte auf: "The End“.