Es war 2005 in Kiew. Ex-"DSDS"-Teilnehmerin Gracia stand für Deutschland auf der Bühne und trällerte ihr "Run and Hide". Bis heute ist ihre Darbietung an Schlechtigkeit kaum übertroffen, so schief und falsch klang das, was sie zum Besten gab. Deutschland wurde mit nur fünf Punkten Letzter. Zu Recht.
Zwölf Jahre später scheitert Deutschland in Kiew erneut. Levina Lueen wurde beim Eurovision Song Contest 2017 mit sechs Punkten Vorletzte. Sie erreichte damit lediglich ein Pünktchen mehr als die Töne verfehlende Gracia und weniger als Vorjahresverliererin Jamie-Lee, die auf elf Punkte kam. Nach den Niederlagen 2015 und 2016 bewahrte uns nur der talentfreie Spanier Manel Navarro vor einem Negativ-Rekord: drei letzte Plätze in Folge.
Verdient hat Levina dieses schlechte Abschneiden nicht. Sie war stimmlich auf der Höhe, strahlte in die Kamera. Auch die Inszenierung schien in diesem Jahr um Längen besser zu sein, als Jamie-Lees Horrorwald im vergangenen Jahr: Der Auftritt begann mit einer spektakulären Kamerafahrt auf die liegende Levina. Doch am Ende war das nur der irischen Jury drei Punkte wert. Drei weitere kamen von den Zuschauern. Ein miserables Ergebnis.
Woran es lag? Zum einen am Song. "Perfect Life" scheiterte schon in Deutschland. Der Song schaffte nicht mal eine Top-Ten-Platzierung, stieg auf 28 in den Charts ein - und blieb dort. So schlecht verkaufte sich kein deutscher ESC-Beitrag seit 2003 mit Lou und "Let’s Get Happy". Warum sollte dann plötzlich ganz Europa dafür stimmen? Es ist einfach kein Hit.

Deutscher ESC-Vorentscheid hat Mängel
Zum anderen an den Mängeln des deutschen Vorentscheids. Fünf mögliche Kandidaten wurden den deutschen Zuschauern präsentiert - dazu mit "Wildfire" und "Perfect Life" nur zwei mögliche Songs. Das ist viel zu wenig. Zum Vergleich: Die Schweden hatten in ihrem nationalen Vorentscheid "Melodifestivalen" die Wahl aus insgesamt 28 Titeln.
Leid tun muss es einem um Levina. Die 26-Jährige weinte im Green Room in Kiew bittere Tränen. Es sei trotzdem eine "wundervolle Erfahrung", sagte sie nach ihrem schlechten Abschneiden in der ARD tapfer. Sie habe so viel Spaß gehabt und tolle neue Leute kennengelernt.
Was muss sich ändern? "Ich weiß auch nicht, was wir noch machen sollen. Costa Cordalis schicken?", fragte Barbara Schöneberger. Bloß nicht. Beim für den deutschen ESC-Beitrag verantwortlichen Sender NDR sollte eine gründliche Fehleranalyse beginnen. Ein neues Konzept für den Vorentscheid muss her. Mehr Vielfalt. Mehr Mut. Mehr Originalität.
Und dann gäbe es da noch eine andere Variante: Beim deutschen Fanfest auf der Hamburger Reeperbahn forderten die Fans, im nächsten Jahr Helene Fischer für Deutschland starten zu lassen. Der ESC als nationale Aufgabe für die erfolgreichste deutsche Künstlerin? Warum nicht. Frau Fischer, übernehmen Sie.
