Luxustickets für Konzerte Mit U2 per Du

Schon seit längerem hat die Musikbranche Livekonzerte dafür entdeckt, die zurückgehenden Albumverkäufe zu kompensieren. Nun optimiert sie das Konzertgeschäft. Mit Luxustickets will man dem Zuschauer etwas Besonderes bieten - und ihm tief in die Tasche greifen.

Die Herren von Bon Jovi sind derzeit in Amerika auf Tournee unterwegs. Und so bespielten sie kürzlich New Jersey, ihre Heimat: Bon Jovi traten im "New Meadowlands Stadium" auf, drei Abende am Stück, und jedes ihrer Konzerte dort war ausverkauft. Das "New Meadowlands Stadium" ist ein Prachtbau von einem Football-Stadion, es fasst rund 83.000 Zuschauer und wurde gerade erst eröffnet: Bon Jovi waren die ersten, die darin musizieren durften, doch daran lag es nicht, dass es Fans gab, die 1875 Dollar für ein Ticket ausgaben, um dabei sein zu dürfen.

Denn 1875 Dollar, so viel kostet die teuerste Karte, die es für ein Konzert von Bon Jovi zu kaufen gibt. Es handelt sich dabei um ein so genanntes "V.I.P. package", das einen Sitz in der ersten Reihe beinhaltet, das heißt: einen schwarzen Klappstuhl mit goldigem Bon-Jovi-Logo, den der Fan am Ende mitnehmen darf; außerdem gibt es ein Ledertäschchen geschenkt, ebenfalls "for to go", und ein kleines Abendessen, das aber "for here", hinter der Bühne.

Eine hübsche Geldquelle

Solche "V.I.P. packages" sind der neueste Hit im amerikanischen Musikbusiness. Eine hübsche Geldquelle, die hilft, Finanzlöcher zu stopfen. Die Branche hat ja längst das Konzertgeschäft dafür entdeckt, die zurückgehenden Albumverkäufe zu kompensieren - nun aber optimiert sie es und versucht, aus Liveauftritten das Maximale herauszuholen. Mit Luxustickets, "die bei einem großen Star bedeuten, dass du mit zehn Prozent der verkauften Karten soviel verdienen kannst wie mit den restlichen 90 Prozent zusammen", so erzählte es Randy Phillips, der Boss von "AEG Live", dem Veranstalter der Bon Jovi-Tournee, nun der "New York Times".

Bands wie U2 oder die Rolling Stones haben damit begonnen, inzwischen sind derlei Spezial-Pakete hierzulande gang und gäbe: Fans von Justin Bieber können vor dessen Shows im Sommer am Soundcheck teilnehmen - wenn sie denn eine Konzertkarte für 350 Dollar erwerben. Wer 800 Dollar für einen Abend mit Christina Aguilera ausgeben mag, der bekommt gratis ein Foto mit der Dame dazu. Und wer 900 Dollar investiert, kann nicht nur einem Auftritt der Eagles lauschen, sondern auch noch beim Dinner mit ihnen plauschen.

Durchschnittlich 63 Dollar

Tickets in dieser Geldklasse sind relativ neu. 1996 kostete eine Eintrittskarte für die Top-100-Konzerte im Schnitt 26 Dollar; seither sind die Preise auf inzwischen durchschnittlich 63 Dollar gestiegen, auch dank der immer üblicheren V.I.P.-Pakete. Die sollen Fan-Loyalität belohnen, wie es bei Künstlern und ihren Managern immer wieder heißt. Rick Springfield beispielsweise, Schauspieler und Sänger ("Jessie's Girl"), nimmt seine Anhänger, die meist Anhängerinnen sind, vor und nach seinen Konzerten gern in der Arm - jedenfalls jene, die 1000 Dollar hingelegt haben, die ihnen zudem einen Sitzplatz auf der Bühne garantieren. "Ricks Fans stehen unglaublich hinter ihm, nur deshalb hat er ja noch eine Karriere", sagt Springfields Manager Rob Kos. "Rick weiß das sehr zu schätzen."

Nun ist die Frage, ob Menschen, die Rick Springfield unterstützen, der nicht unbedingt zu weltberühmtesten Megastars zählt, noch draufzahlen müssen, um ihm einmal persönlich zu begegnen. Andererseits ist Mr. Springfield sehr großzügig, verglichen mit den Herren von Bon Jovi: Die Käufer der Bon-Jovi-Supertickets bekamen zwar eine nette Tour hinter die Bühne geboten, inklusive Filetsteak und Spargel mit Parmaschinken umwickelt - Jon Bon Jovi und dessen Band aber bekamen sie dabei nicht zu Gesicht.

Bruce Springsteen hält sich da raus

Dafür hat sich mittlerweile eine Art Industrie in der Industrie gebildet, die "V.I.P. packages" organisiert und zusammenstellt: Es gibt einen ganzen Haufen von Firmen, die darum konkurrieren, wie sie die Fans am besten einfangen. "Live Nation", ein gigantischer Konzertveranstalter, der in diesem Jahr mit "Ticketmaster" fusionierte, dem Riesen unten den Kartenverkäufern, besitzt allein drei Unterfirmen, die sich nur mit Luxustickets beschäftigen. Promoter sagen, dass diese ihnen ermöglichen würden, anderswo billigere Karten zu verkaufen - da hätten die Fans dann noch ein paar Taler für den T-Shirt-Kauf übrig. Es gibt aber auch Musikschaffende, die sagen, dass ihnen dieses ganze Geschiebe und Verdiene nichts bringe - außer Fans, die sich von ihnen entfernen würden, da das alles nach mieser Geschäftemacherei rieche. Bruce Springsteen etwa, der sich gern als ehrliche Haut aus New Jersey verkauft, hält sich heraus aus dem übertriebenen Ticketgeschäft: Das teuerste Kärtchen, das während seiner USA-Tournee im vergangenen Jahr zu haben war, kostete 98 Dollar. Jon Landau, seit Ewigkeiten Springsteens Manager, sagt, dass er auch in Zukunft keinerlei "V.I.P. packages" einplane, wenn der Boss unterwegs sei. "Aber wenn Du etwas als Luxus verkaufst und als einzigartig", sagt Landau, "wird es jemand kaufen", egal, was es koste: "So ist Amerika."

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