The Robocop Kraus Showdown auf der Tanzfläche

  • von Claudia Fudeus
Lange bevor Bands wie Franz Ferdinand damit berühmt wurden, hat die Nürnberger Band The Robocop Kraus ihren Retro-experimentellen Sound entwickelt. Jetzt könnten sie die Früchte ernten.

Eine Bar irgendwo im Nirgendwo. Über den Tresen werden in regelmäßigen Abständen Whisky-Gläser geschoben. Die Hände, die sie in Empfang nehmen, gehören bärtigen Gesichtern unter Schatten von Cowboyhüten. Junge Menschen scharen sich um einige Billardtische. Durch die Schwingtür betritt ein schlanker Unbekannter den Raum, im Gefolge einen Windstoß, der den Staub zum Tanzen bringt. Der Unbekannte trägt Anzug und Hemd. Die Mädels mit den Queues lassen den Blick weiter wandern und bemerken einen aufregenden Hüftschwung über dem schlurfenden Gang.

"Aus Nuremberg"

Nachdem der Fremde sich an der Bar niedergelassen und ein Bier bestellt hat, pirscht sich eine aus der Gruppe näher, lässt sich auf den nächsten Barhocker fallen. "Hab' dich hier noch nie gesehen. Woher kommst du?" Stille. Dann antwortet eine kratzige Stimme: "Aus Nuremberg". Er könnte auch Nürnberg sagen, aber er hat sich so an die englische Sprache gewöhnt. "Und wie heißt du?" - "Du kannst mich 'Sound' nennen. Ich und die Jungs sind gerade mit dem neuen Album 'The Think They Are The Robocop Kraus...!' auf Tour. Die Band kommt gleich nach, sucht nur noch 'nen Parkplatz."

Wäre der "Sound" nicht so ein cooler, wortkarger Typ, könnte er jetzt ein paar Geschichten erzählen. Von den Jungs, die seine Väter sind und sich selbst den kryptischen Namen The Robocop Kraus gegeben haben - zur Hälfte inspiriert von ihrem Lieblingsfilm, zur anderen von einem der verbreitetsten deutschen Nachnamen, "um auf der Erde zu bleiben". Andere sagen, es sei eine Hommage an den deutschen Elvis namens Peter Kraus, aber wer das glaubt, glaubt auch an den Weihnachtsmann. Hoffentlich.

Mutter Gerlinde half nach beim Debüt

Erzählt werden könnte auch, dass The Robocop Kraus aus zwei rivalisierenden Hardcore-Schülerbands entstanden sind. Dass sie deswegen zu Anfang Instrumente in die Hand nehmen mussten, die sie vorher noch nie gespielt hatten. Der Drummer beherrschte nur einen Beat (den aber kräftig), die Orgel fand sich beim Gitarristen auf dem Dachboden. Dass sie gerne Gerüchte über die Bandgeschichte streuen. Ein Beispiel? Ihr 2000er-Debütalbum "Inferno Nihilistique" soll von Gerlinde, der Mutter von Gitarrist Matthias geschrieben worden sein - inklusive Familienkrach, wenn der Sohn Mutters Riffs nicht nachspielen konnte. Und dass das Credo der Jungs, die man früher nur in Anzügen auf der Bühne sah, bis sie in letzter Zeit ihre Vorliebe für Flanellhemden entdeckt haben, lautet "Wir wollen Leute zum Tanzen animieren".

"Sound" aber ist lieber spröde, launisch, rebellisch. Ein bisschen Postpunk, ein wenig New Wave, Erinnerungen an die Sixties und die Eighties plus ein Schuss Soul. Zudem ist er sowohl philosophisch als auch humorvoll genug für Titelgebungen wie "In Fact You're Just Fiction", "Concerned, Your Secular Friends" und "Life Amazes Us Despite Our Miserable Future". Gute Titel, gute Songs. Die mal wieder dran erinnern, dass es diesen retro-klingenden-aber-experimentell-gemeinten Klang auch schon vor Franz Ferdinand und Bloc Party gab. Früher hatte der "Sound" der Nürnberger insbesondere auf der Bühne den wilden Charme des Enthusiasmus.

Die neue Reife

Doch auch geheimnisvolle Unbekannte reifen im Stillen vor sich hin: Dieser hier hat gelernt, alles etwas ruhiger zu nehmen. Nicht mehr alles auf einmal zu wollen, sondern brav Akkord an Akkord, Beat an Melodie zu reihen. Ohne dass der Zuhörer sich fühlt, als sei er gerade unter das musikalische Äquivalent der Hufe eines Rodeobullen geraten. Steht ihm, diese neue Reife - und wird vielleicht auch dafür sorgen, dass er ein paar neue Bekanntschaften in der Zuhörerschaft schließt. Immerhin wurde das Ganze diesen Sommer erstmals im großen Stil für festivalreif befunden.

Doch statt all dies zu erzählen, zu erklären, nippt "Sound" nur an seinem Bier. Bis die Tür aufgeht. "Da kommen meine Jungs. Besser ihr räumt schon mal die Billardtische beiseite. Heute findet der Showdown nämlich auf der Tanzfläche statt." Wie titelten "The Robocop Kraus" schon auf ihrer 2002er- Compilation so treffend: "As Long As We Dance We Are Not Dead".

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