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Rechtsstreit Jüdisches Paar verkaufte Picasso-Gemälde, um vor den Nazis zu fliehen – jetzt will es ihr Urenkel zurückhaben

Pablo Picassos Gemälde "La repasseuse"
Pablo Picassos Gemälde "La repasseuse" (auf Deutsch: "Bügelnde Frau") aus dem Jahre 1904
© Kristopher McKay/ / Picture Alliance
Um sich im Dritten Reich die Flucht vor den Nazis leisten zu können, verkaufte ein jüdisches Paar ein Gemälde von Pablo Picasso – für gerade einmal 1.552 Dollar. Ihre Nachfahren wollen es nun zurückhaben – und klagen.

1933 kamen die Nazis in Deutschland an die Macht – und mit ihnen kamen Angst, Tod und Schrecken. Mit der zunehmenden Verfolgung jüdischer Mitmenschen fürchteten auch Karl und Rosi Adler um ihr Leben. Um vor den Nazis zu fliehen, verkauften sie 1938 eines ihrer wertvollsten Besitztümer: ein Gemälde von Pablo Picasso. Das Kunstwerk "La repasseuse" (auf Deutsch: "Bügelnde Frau") wurde 1904 von dem Künstler gemalt. Heute ist es etwa 100 bis 200 Millionen Euro wert und befindet sich im Besitz des Solomon R. Guggenheim-Museums in New York City, gegen das nun die Nachfahren der Adlers klagen.

Die Adlers hatten das Gemälde ursprünglich im Jahr 1916 von Heinrich Thannhauser, einem jüdischen Galeristen, der damals in München lebte, gekauft. Als das Paar später vor den Nazis und aus Deutschland fliehen musste, benötigte es kurzfristig Visa für das damals noch sicher erscheinende europäische Ausland. Um sich die Kosten für die Visa leisten zu können, verkauften sie das Picasso-Gemälde an Thannhausers Sohn Justin zurück. Justin Thannhauser hatte das Land bereits verlassen und lebte in Paris. Die Adlers verkauften ihm das Bild für etwa 1.552 Dollar, was heute rund 32.700 Dollar oder 30.000 Euro entsprechen würde.

Nachfahren der Adlers klagen gegen das Guggenheim-Museum

Der Verkaufspreis der Adlers soll weit unter dem Marktwert des Gemäldes gelegen haben. Das geht aus einer Klage hervor, die vergangene Woche bei einem New Yorker Gericht eingereicht wurde. Nur sechs Jahre vor dem Verkauf an Justin Thannhauser waren den Adlers etwa 14.000 Dollar für das Bild angeboten worden. Das Paar entschied sich aber dagegen. Zudem hatte Justin Thannhauser das Gemälde kurz nach dem Erwerb für 20.000 Dollar versichern lassen. Als er starb, vermachte er dem Guggenheim-Museum seine umfangreiche Kunstsammlung, darunter auch die "Bügelnde Frau".

"Adler hätte das Gemälde nicht zu diesem Zeitpunkt und zu diesem Preis veräußert, wenn er und seine Familie nicht von den Nazis verfolgt worden wären und weiterhin verfolgt werden würden", schreiben die Anwälte der Adler-Erben in der Klageund fordern das Gemälde von dem Museum zurück. Mehrere jüdische Organisationen und Non-Profit-Organisationen werden in der Klage ebenfalls als Nebenkläger aufgeführt.

Museum empfindet Klage als "unbegründet"

Das Museum hatte bereits vor seinem Tod Nachforschungen über die Herkunft des Picasso-Kunstwerks unternommen. Um die Herkunft des Gemäldes zu bestätigen, nahm das Guggenheim Kontakt zu Eric Adler, dem Sohn von Karl und Rosi, auf. Das sagte das Museum gegenüber der BBC. Eric Adler "bestätigte das Besitzverhältnis seines Vaters und äußerte keine Bedenken bezüglich des Gemäldes oder seines Verkaufs an Justin Thannhauser“, so das Museum. Darüber hinaus soll es wiederholt den früheren Besitz der Adlers anerkannt haben.

Seither befindet sich das Bild im Besitz des Guggenheim-Museums, was die Nachkommen der Adlers jahrzehntelang nicht angefochten hatten. Das änderte sich 2014, als ein Urenkel der Adlers von der Geschichte seiner Familie mit jenem Gemälde erfuhr. Seither streiten sich seine Anwälte und das Guggenheim darüber, wem das Gemälde tatsächlich gehört. Nun soll ein New Yorker Gericht darüber entscheiden.

Das Guggenheim sagte der BBC, dass es "Provenienzfragen und Restitutionsansprüche sehr ernst nimmt", aber der Meinung sei, dass diese Klage "unbegründet" sei.

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Washingtoner Erklärung zum Umgang mit NS-Raubgut

Im Jahr 1998 unterzeichneten 44 Staaten die Washingtoner Erklärung. Diese legte fest, dass Sammlungen und Bestände auf NS-Raubgut geprüft werden sollten. Objekte, auf die das zutraf, sollten an die Opfer oder Erb:innen zurückgegeben werden. Alternativ solle gemeinsam nach einer gerechten Lösung gesucht werden.

Dem Guggenheim-Museum zufolge soll es sich bei der "Bügelnden Frau" nicht um ein solches Kunstwerk handeln. Schließlich hätten die Adlers das Bild nicht in Deutschland verkauft, sondern erst nachdem sie das Land verlassen hatten. Zudem wurde es an einen jüdischen Kunstsammler und nicht an ein Mitglied der Nazipartei verkauft, so das Museum.

QuellenBBC, "Daily Mail"

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