Rammstein-Skandal Eine Berlinerin wollte Rammstein-Konzerte verbieten lassen – jetzt hat sie Ärger mit Lindemanns Anwälten

  • von Gerrit-Freya Klebe
Rammstein: Till Lindemann während eines Auftritts
Till Lindemann während eines Rammstein-Auftritts
© Malte Krudewig / DPA
Britta Häfemeier hat eine Petition gegen die Auftritte von Rammstein in Berlin initiiert. Sie sammelte etliche Unterschriften – und erhielt Drohungen. Jetzt erreichte sie ein Brief von Till Lindemanns Anwälten. 

Ende Juni startete Britta Häfemeier eine Petition. Die Adressaten: die Berliner Innensenatorin, der Kultursenator und der Geschäftsführer des Olympiastadions. Das Ziel: die drei Rammstein-Konzerte in Berlin zu verhindern. Häfemeier hatte die Geschichten verfolgt, die etliche Frauen zuletzt in den Medien erzählt haben. Es ging um angebliche Vorkommnisse auf Till Lindemanns Aftershow-Partys, um K.o.-Tropfen und nicht immer einvernehmlichen Sex. Till Lindemann bestreitet alle Vorwürfe über seine Anwälte. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Am Ende hatte Häfemeier 77.000 Unterschriften zusammen, die Konzerte im Olympiastadion fanden dennoch statt. Dafür bekam die 34-Jährige Drohungen zugeschickt, die sie "nicht wiederholen will", wie sie sagt. Und ein Brief von Till Lindemanns Anwälten kam bei der Petitions-Plattform Campact an. Lindemanns Anwälte wollen juristisch gegen Häfemeiers Petition "Keine Bühne für Rammstein" vorgehen.

Doch Campact, gleichzeitig Häfemeiers Arbeitgeber, wolle die Unterlassungserklärung nicht unterschreiben, auch Häfemeier wolle weiterhin Begriffe wie "Missbrauch" und "Täter" nutzen.

"Wir warten mal ab", sagt Häfemeier im Gespräch mit dem stern. Sie sagt, es sei ein "Einschüchterungsversuch, aber ich lasse mich nicht einschüchtern. Ich mache weiter. Getroffene Hunde bellen vielleicht auch." Für sie stecke "ein System dahinter. Die wollen die Frauen mundtot machen und mich auch." Sie findet: "Lindemann und seine Leute sollten ihre Energie lieber in die Aufklärung der Missbrauchsvorwürfe stecken."

Sie selbst halte die Vorwürfe und die Geschichten der Frauen für realistisch. Sie hätten nichts davon, sich mit Rammsteins Bandmitgliedern anzulegen. "Für die Frauen bedeutet das Aufwand und Gefahr, sie selbst haben nichts davon. Im Gegenteil: Sie müssen sich öffentlich beschimpfen lassen, es findet viel victim blaming statt." Sie würden gefragt, "warum sie überhaupt auf den Partys oder dem Konzert waren etwa."

Häfemeier wünscht sich außerdem, dass Backstage-Mitarbeiter oder sogar andere Bandmitglieder Aussagen machen würden, das ginge auch anonym. "Das sind sehr wertvolle Zeugen, weil sie so umfangreiche Einblicke haben. Jede und jeder, der sich nicht gegen Lindemann positioniert, stützt und erhält das System." Rammstein-Schlagzeuger Christoph Schneider hatte sich etwa zuletzt in einem Instagram-Posting von Lindemanns Partys distanziert.

"Alle haben Angst vor Lindemann" 

"Ekelhaft finde ich, dass Lindemann die Texte bei den Berlin-Auftritten umgetextet hat. Und dass die Band ihn gewähren lässt." So sang Lindemann etwa im Song "Angst" statt der eigentlichen Zeile "alle haben Angst vorm schwarzen Mann" nun "alle haben Angst vor Lindemann". Auch in einem weiteren Lied textete er die Lyrics um, machte aus "die Vögel singen nicht mehr“ den Satz "die Sänger vögeln nicht mehr". 

Für Häfemeier ist das "Respektlosigkeit pur" und ein "Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen". Häfemeier selbst war auch bei einer Demonstration, die am 15. Juli vor dem ersten Rammstein-Konzert stattfand. Dort wurden auch Audiobeiträge von Betroffenen abgespielt, die von ihren Erfahrungen berichten. "Die wurden unterbrochen von Pöbeleien und Auslachen etlicher Rammstein-Fans. Ich bin wirklich schockiert, dass immer noch so viele Menschen und gerade auch Frauen zu den Konzerten gehen und sich nicht solidarisch mit den Opfern zeigen."

Lindemann zeigte sich bei seinem letzten Berlin-Konzert unbeeindruckt, sagte zum Schluss zu seinen Fans: "Drei Mal in unserer Stadt, drei Mal Berlin. Danke, dass ihr da wart. Und denkt immer dran: Bösen Zungen glaubt man nicht. Die Wahrheit, die kommt doch eh ans Licht."

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