Für den Dramatiker Rolf Hochhuth ("Der Stellvertreter") ist der "Klassenkampf" in Deutschland zwischen Arm und Reich noch lange nicht beendet. "Frau Merkels Bundesrepublik ist der reichste Staat in der deutschen Geschichte und knausert bei Hartz-IV-Empfängern um jeden Euro und ist ein Staat, in dem viele Kinder ihr Schulessen nicht mehr bezahlen können", sagte Hochhuth in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Das ist vollkommen amoralisch."
Am 1. April feiert Hochhuth seinen 80. Geburtstag. Mitte der 60er Jahre war er wegen seines Essays "Der Klassenkampf ist nicht zu Ende" heftig attackiert und vom damaligen Bundeskanzler Ludwig Erhard als "Pinscher" beschimpft worden.
In bestimmten Banken- und Wirtschaftskreisen sieht der Dramatiker die "eigentlich neue Rechte" in der Gesellschaft. Dieses "pervers gewordene kapitalistische System, in dem sogar das Trinkgeld der Toilettenfrauen von ihren Chefs überwacht wird", spiele auch in seinem neuen Drama "Der fliehende Holländer" eine Rolle.
Hochhuth will nicht aufhören, sich mit seinem sozialen Gewissen einzumischen. "Wenn man schon politisch schreibt wie ich, dann darf man nicht nur über die Vergangenheit schreiben", sagte er. Schriftsteller und Künstler müssten sich wieder stärker in die Gesellschaft einmischen.
"Wenn man etwas mehr Glück gehabt hat im Leben und vielleicht sogar obenauf ist und sich dann nicht um die Underdogs in der Gesellschaft kümmert, wird man kriminell. Man muss für jene das Wort ergreifen, die sich gegen Ungerechtigkeiten nicht richtig zur Wehr setzen und das auch nicht richtig artikulieren können." Es wäre furchtbar, meinte Hochhuth, wenn die "wachsamen Autoren" weniger würden. "Natürlich haben wir auch als Schriftsteller eine gesellschaftliche Verpflichtung."