Die Trennung der Eltern ist und bleibt ein traumatisches Erlebnis für ein Kind." Eigentlich trug dieser eine Satz Melanie Mühls bereits den wesentlichen Kern des Themas in sich. Doch hätte Frank Plasberg sich und seinem Publikum diese Erkenntnis eingestanden, er hätte seine eigene Talkshow ad absurdum geführt. Und so suchte der Moderator geschlagene 75 Minuten lang nach immer neuen Perspektiven, die Frage "Meine, deine, unsere Kinder - wie verlogen ist das Patchwork-Glück?" zu beleuchten. Im Verborgenen blieb am Ende indes, warum der Mann ausgerechnet diese vermeintlich moderne Familienform nach der Sommerpause als Einstiegsthema auf seinem neuen Sendeplatz ausgewählt hatte - wir wollen nicht hoffen, dass da Mühls PR-Agentur ganze Arbeit geleistet hat, schließlich ist just in diesen Tagen die Streitschrift "Die Patchwork-Lüge" der FAZ-Feuilletonredakteurin auf den Büchermarkt gekommen.
Mag für die Autorin auch der auf dem Boulevard immer wieder gern bemühte Bundespräsident und sein neues Patchwork-Glück Anlass für ihre Abrechnung gewesen sein, für eine harte, aber faire Betrachtung des Themas hätten wir uns doch mehr gewünscht als Wulffs Gejammere, dass ob seiner Trennung seine katholisch erzogenen Kinder keine Kommunion empfangen dürften. Aber vermutlich war Plasberg auch gar nicht an einer wirklich publikumsnahen Diskussion des Themas gelegen, denn sonst hätte sich die Runde wohl kaum fast nur aus Prominenten ohne finanzielle Sorgen zusammengesetzt. "Wir haben erst mal zwei Wochen Time-out gemacht und uns einen Familientherapeuten geholt", erzählte da die vierfache Mutter Dana Schweiger über ihre Trennung vom Schauspieler-Gatten Til - jede hart arbeitende Alleinerziehende, die um einen Kindergartenplatz für den Nachwuchs und eine bezahlbare Wohnung zu kämpfen hat, wird solche Ratschläge voller Dankbarkeit vernommen haben.
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Schauspieler Ingo Naujoks bekannte vergnügt, welch "ganz schlechter Vater" er doch sei, der immer erst das Matchbox-Auto kaufe, bevor er an die Erziehung denke - und Dieter Thomas Heck lüftete das Geheimnis seiner zweiten, mittlerweile schon 35 Jahre dauernden Ehe: "Öfter als einmal am Tag Danke sagen." Eine genaue Begriffsdefinition blieb Plasberg indes ebenso schuldig, wie er verschwieg, dass es deutlich mehr Alleinerziehende als Patchwork-Familien gibt und von diesen (fast ausschließlich) Müttern rund ein Drittel im Jahr 2009 mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 1100 Euro auskommen musste. Solch harte Fakten hätten ja auch das verständnisvolle Trennungsgerede einer Dana Schweiger ("jeder hat das Recht, glücklich zu sein") ins Lächerliche gezogen - und so viel Fairness muss dann natürlich sein für die Schönen und Reichen, wenn sie denn schon ins Talkshow-Studio kommen.
Und erlaubte sich Mühl dann doch einmal darauf hinzuweisen, dass Scheidungskinder etwa wesentlich größere Probleme in der Schule hätten und weit häufiger unter Depressionen litten, fand der Moderator garantiert irgendein Einspielfilmchen oder eine banale Frage, um das Problem nicht weiter vertiefen zu müssen.
Dass auf der Jagd nach der Quote tiefergehende Analysen auf der Strecke bleiben mussten, hatte auch Familientherapeut Robert Hagen erkannt: Der schien schon froh zu sein, seine Botschaft unterbringen zu können, dass Patchwork-Eltern sehr wohl Unterschiede zwischen den leiblichen und den Kindern des neuen Partners machen dürften. Wie der Nachwuchs mit solch einem "Exklusiv-System" umgehen soll, die Frage blieb natürlich unberührt: Ging ja schließlich um die Erwachsenen an diesem Abend und nicht um die Kinder.