Als erster Regierungschef der EU reiste Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer am Montag nach Moskau, um mit Wladimir Putin zu sprechen. Das Treffen sei "kein Freundschaftsbesuch" gewesen, stellte Nehammer fest. Gute Nachrichten konnte der Kanzler jedoch nicht zurückbringen. Er habe "keinen optimistischen Eindruck". Unterdessen dringt hierzulande Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. Ob auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) diese Forderung unterstützt, bleibt bisher jedoch fraglich. "Was muss geschehen, damit der Krieg endet?" Diese Frage stellte Frank Plasberg seinen Gästen am Montagabend bei "Hart aber fair".
Zu Gast bei "Hart aber fair":
- Margarete Klein – Russland- und Militärexpertin der Stiftung Wissenschaft und Politik
- Alexander Graf Lambsdorff (FDP) – Außenpolitiker und stellvertretender Fraktionsvorsitzender
- Ralf Fücks – Publizist und Mitglied der Grünen
- Christoph Reuter – "Spiegel"-Reporter, berichtet aus der Ukraine
- Petra Pinzler – Korrespondentin in der Hauptstadtredaktion "Die Zeit"
Lambsdorff kritisiert Österreichs Kanzler für Treffen mit Putin
Die Journalistin Petra Pinzler hat den Eindruck, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sechs Wochen nach seiner Rede im Bundestag, als er die "Zeitenwende" eingeläutet hatte, ziemlich still geworden ist, sobald es um den Ukraine-Krieg geht. FDP-Politiker Alexander Graf Lamsbdorff sieht das anders. Olaf Scholz sei eben kein Mann, der Show mache. Darauf geht Lambsdorff fast unmittelbar über zu einer Spitze gegen den österreichischen Kanzler Karl Nehammer. Sein Treffen mit Putin fand Lambsdorff "nicht besonders schlau".
Kriegsreporter Christoph Reuter fordert dringend Waffen für die Ukraine
Christoph Reuter vom "Spiegel" wurde aus einem Hotel in Kiew ins Studio zugeschaltet. Trotz wackliger Internetverbindung schilderte der Kriegsreporter eindrücklich seine Beobachtungen aus der Ukraine. "Putins Truppen handeln wie Terroristen, nicht wie eine Armee", sagte Reuter. Er hätte einen solchen Krieg in Europa nie für möglich gehalten und vergleicht das Agieren der russischen Armee mit dem von Terrororganisationen wie des Islamischen Staats. Für Reuter scheint eines klar: Die Ukraine muss schnell Waffen bekommen. Der Reporter sei sich bewusst, dass solche Aussagen sich wie aus der Zeit gefallen anhören würden, jedoch habe Putin mit diesem Anachronismus angefangen.
Alexander Graf Lambsdorff (FDP) ist der festen Überzeugung, dass die Entscheidung in diesem Krieg "auf dem Schlachtfeld" fallen müsse. Die Ampel-Regierung habe verstanden, dass die Ukraine auch für unsere Freiheit und Sicherheit kämpfe. Bei der Frage nach der Lieferung von Panzern an die Ukraine hält sich der FDP-Politiker dennoch äußert bedeckt und verweist darauf, dass die Panzer "nicht so einfach wie Autos funktionieren". Die ukrainischen Streitkräfte müssten vor der Nutzung der Panzer entsprechend ausgebildet werden. Außerdem sei Deutschland ohnehin nicht allein. Die USA hätten erneut eine riesige Waffenlieferung angekündigt. Letztlich klingen diese Worte nur nach Ausreden, die das zaghafte Agieren der Bundesregierung rechtfertigen sollen.
Wie steht es um wirtschaftliche Waffen?
Natürlich darf ein Thema wieder nicht fehlen, wenn es in deutschen Talkshows um den Ukraine-Krieg geht: die Frage nach dem Gasembargo. Als wäre diese Frage nicht schon hunderte Male ergebnisoffen durchgekaut worden, wollte auch Plasberg an diesem Abend einmal mehr wissen, ob Deutschland nicht doch sofort auf russische Gaslieferungen verzichten sollte. Auch dazu hatte Lambsdorff eine Ausrede parat. "Keiner will mehr wirtschaftliche Beziehungen mit Russland", sagte der FDP-Fraktionsvize. In puncto Gas müsse man diese Beziehungen aber noch aufrechterhalten.
Grünen-Mitglied Ralf Fücks sorgte für den wohl größten Lacher des Abends, als er Lambsdorff den gut gemeinten Rat gab, die Gaslieferungen einzustellen und dafür ein Programm mit einer Million zusätzlichen Wärmepumpen zu beschließen und die KfW-Kredite für Gebäudeisolierungen zu erhöhen. "Das klingt wie ein verspätetes grünes Wahlprogramm in Krisenzeiten", resümierte Plasberg treffend.

Aber ist die Frage nach dem Gasembargo aktuell überhaupt die drängendste mit Blick auf die Geschehnisse in der Ukraine? Für Kriegsreporter Christoph Reuter ist dem eindeutig nicht so. Der Journalist merkt interessanterweise an, dass selbst die Ukraine die Lieferungen von russischem Gas nicht gestoppt habe. Für Reuter stehe weiterhin fest, das Wichtigste sei militärische Hilfe. Die Frage nach einem Gas-Boykott sei hingegen nicht annähernd so wichtig für die Menschen in der Ukraine.