46 Tage lang war "Squid Game" die Netflix-Serie, die auf der Welt am häufigsten gestreamt wurde. Der Lauf hatte nun aber ein Ende: Eine andere Produktion aus Südkorea hat die Spitze übernommen. Aktuell ist laut einer Auswertung von "Flix Patrol" die Mysterie-Horror-Serie "Hellbound" die erfolgreichste Serie weltweit bei dem Streaminganbieter. Dass "Hellbound" ebenfalls aus Korea kommt, ist nicht die einzige Gemeinsamkeit.
In dem Drama geht es ähnlich blutrünstig zu. Diesmal sind es aber nicht in erster Linie Menschen, die andere Menschen brutal töten. Ein apokalyptisches Phänomen ist hereingebrochen: Unheimliche Erscheinungen, sogenannte Todesengel, verkünden verängstigten Menschen, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit sie sterben werden. Und sie haben noch eine weitere Botschaft: Die betreffende Person wird in die Hölle kommen. Zum angekündigten Zeitpunkt erscheinen dann drei Dämonen, welche die Unglückseligen brutal zurichten und ermorden. Übrig bleibt nur ein verkohltes Skelett – und eine Menschheit in Angst.
"Hellbound" auf Netflix: Menschen werden für ihre Sünden bestraft
Sektenführer Jung Jin-su erkennt darin eine Strafe Gottes für die Sünden der verdammten Personen und baut darauf eine ganze Glaubensgemeinschaft: die "Neue Wahrheit". Zuerst werden seine Lehren kaum ernstgenommen, als eine der furchteinflößenden "Machtdemonstrationen" jedoch live im Internet und im Fernsehen übertragen wird, kann kaum noch jemand das Phänomen abstreiten. Die "Neue Wahrheit" übernimmt eine führende gesellschaftliche Rolle.
Die Höllenqualen werden öffentlich zur Schau gestellt, angebliche Sünder vor den Augen aller erniedrigt, ihre Familien stigmatisiert. Wer sich der "Neuen Wahrheit" widersetzt, wird verfolgt und ausgeschaltet. Das Ziel der religiösen Bewegung: eine Welt, in der die Menschen in ständiger Angst vor Fehlern und Verdammnis leben – und sich deshalb so korrekt verhalten wie wohl nie zuvor in der Geschichte. Doch die Lehren der Sekte geraten immer mehr ins Wanken, je willkürlicher die grausamen Monster zuschlagen. Sogar Kinder und fanatische Gläubige werden von ihnen heimgesucht.
Die besten Serien des 21. Jahrhunderts

Gewalt verbunden mit Gesellschaftskritik – wie in "Squid Game"
Regisseur Yeon Sang-ho, in Südkorea bekannt durch seinen ausgesprochen erfolgreichen Film "Train to Busan" (2016), zeigt mit seiner Serie, wie eine Gesellschaft – angestachelt durch Angst und Kampagnen im Netz – sich zu einer Art religiöser Diktatur entwickeln kann. Wie eine sich überlegen wähnende Gruppe andere unterdrückt und der Lack von Toleranz und Gemeinschaftssinn abblättert. Die "Neue Wahrheit" geht ohne Skrupel vor, im Gegensatz zum Christentum gibt es in ihrem Verständnis auch keinen Platz für Gnade oder Vergebung.
Ähnlich wie "Squid Game" verbindet "Hellbound" also Gewalt mit gesellschaftskritischer Message – mit einem großen zusätzlichen Anteil an übernatürlicher, rätselhafter Macht. Und das Erfolgsrezept scheint erneut aufzugehen, der K-Drama-Hype hat gerade erst begonnen. Qualitativ allerdings kann "Hellbound" nicht vorbehaltlos begeistern. Die ersten Folgen, in denen das neue unheimliche Phänomen entwickelt wird, ziehen die Zuschauer schnell in den Bann. In der zweiten Hälfte de Serie aber nutzen sich die sehr ähnlich verlaufenden angeblichen göttlichen Machtdemonstrationen schnell ab. Für die zweite Staffel von "Hellbound", die angesichts des Zuspruchs sicherlich folgen dürfte, müssen sich die Macher etwas Neues überlegen.