Elena Richardson (Reese Witherspoon) sitzt in eine Decke gehüllt im Auto, ihre Augen starren ins Leere. Die prunkvolle Villa, in der die blonde Journalistin mit ihrem Ehemann und den vier gemeinsamen Kindern wohnt, brennt lichterloh im Hintergrund. Es sei Brandstiftung gewesen, wurde ihr gerade gesagt. "Little Fires Everywhere", also überall habe es kleine Feuer gegeben. Wer hat ihr Haus angezündet?
"Little Fires Everywhere" auf Amazon Prime
Mit dieser Frage beginnt die achtteilige Serie und ist damit von der ersten Minute an spannend. Doch die Romanverfilmung ist viel mehr als nur ein klassisches "Whodunit", eine Suche nach einem Täter. "Little Fires Everywhere" spielt in den Neunzigerjahren in der idyllischen Vorstadt Shaker Heights im US-Bundesstaat Ohio. Der kleine Ort scheint perfekt, viel zu perfekt. Auch seine Bewohner sind vermeintlich unfehlbar.
Wie die Richardsons, eine prototypische amerikanische Vorzeigefamilie. Die toughe Elena schreibt für das Lokalblatt, ihr Mann Bill ist Partner in einer Anwaltskanzlei. Ihr Sohn Trip ist Football-Spieler, Tochter Lexy Musterschülerin mit dem Ziel, an die Elite-Uni Yale zu kommen. Sohn Moody ist sensibel und ruhig. Die einzige, die aus der Reihe tanzt, ist die aufmüpfige und meist schlecht gelaunte Izzy.
Reese Witherspoon spielt die Rolle perfekt
Das Leben der Richardsons verändert sich schlagartig, als die Familie ihr Zweithaus an die Künstlerin Mia und deren Tochter Pearl (Lexi Underwood) vermietet. Mia (gespielt von Kerry Washington) ist ganz anders als die anderen Mütter in der Vorstadt, besonders als Elena. Und so dauert es nicht lange, bis die höfliche Fassade zwischen den beiden bröckelt. Elena traut der neuesten Shaker-Heights-Bewohnerin nicht, will das dunkle Geheimnis ihrer Vergangenheit mit allen Mitteln herausfinden. Mia hingegen will vor allem eines: von der hartnäckigen Elena in Ruhe gelassen werden und ihr Geheimnis wahren.
Angetrieben von rassistischen Vorurteilen und Ressentiments beginnt der Konflikt der beiden zu schwelen - bis er irgendwann komplett eskaliert.

Das gleichnamige Buch stammt aus der Feder von Celeste Ng. "Little Fires Everywhere" besticht nicht nur mit einer spannenden Geschichte, sondern vor allem mit enorm komplexen Figuren. Die Themen Rassismus, Klassenunterschiede und Teenager-Dramen werden so vielschichtig und nuanciert erzählt wie sonst nur selten. Die Rolle der scheinbar perfekten Power-Mutter, die alles unter Kontrolle haben will, ist Reese Witherspoon wie auf den Leib geschneidert. Wie gut sie die Rolle verkörpern kann, bewies die Oscarpreisträgerin bereits in "Big Little Lies".
Von Frauen konzipiert
Man mag die beiden Heldinnen früh abstempeln: Die eine ist die unfehlbare Vorzeigemutti, die morgens um sieben die Pausenbrote fertig geschmiert und verpackt hat, die andere die wilde Künstlerin, alleinerziehend, keiner Regel folgend. Doch hinter Elena und Mia steckt mehr. Sie sind die komplexen Figuren, die man sich im 21. Jahrhundert von Hollywood wünscht. Möglich gemacht wurde das Storytelling auch von Reese Witherspoons Produktionsfirma "Hello Sunshine", die sich auf die Fahnen geschrieben hat, Frauen und ihre Arbeit in den Fokus zu rücken.
Am Ende der acht Folgen "Little Fires Everywhere" bleibt nur die Frage, wer denn nun die ganzen kleinen Feuer gelegt hat. Und so viel sei gesagt: Mit der Antwort rechnet am Anfang wohl niemand.