TV-Serie "Lovecraft Country" – HBOs wilder Mix aus Rassenhass und Monster-Action

Blut wird fließen in "Lovercraft County"
Blut wird fließen in "Lovercraft County"
© HBO / PR
Bei Sonnenlicht jagen weiße Polizisten Schwarze durch den Bezirk, nachts schlagen wüste Monster zu. Die Welt des Horrorautoren H.P. Lovecraft stand bei HBOs neuer Serie Pate – sie erobert das weiße Horror-Universum für die schwarze Community.

H.P. Lovecraft (1890-1937) zählt zu den einflussreichsten Horror-Autoren überhaupt. Er schuf keine populäre Figur wie Bram Stoker mit dem Vampir, sondern ein komplexes Universum des "kosmischen Horrors", in dem hinter unser Welt alte mächtige Götter auf ihre Wiederkehr warten. Getrennt von der Welt der Menschen, doch an einigen Stellen dringt ihr finsteres Universum in unsere Sphäre ein - die Welt der Menschen öffnet sich zu einer anderen Dimension, an diesen Nahtstellen wird die Welt faulig und degeneriert.

Die HBO-Serie "Lovecraft Country" führt zu so einem Ort, aber etwas anders als in den originalen Geschichten. Sie basiert auf dem gleichnamigen Roman von Matt Ruff – und wie allen Lovecraft-Epigonen verlässt auch Ruff den subtilen Horror des Meisters für derbe Horror-Varianten.

Die Angst vor Degeneration

Während Lovecrafts Geschichten meist in der Zeit zwischen den Kriegen spielen und damit jonglieren, dass die Moderne mit ihren Autos und Angestellten damals noch jung und keinesfalls allgegenwärtig ist, ist die Serie 1954 angesiedelt. Atticus Turner verließ seine Heimat, um als Soldat in Korea zu dienen oder vielleicht eher, um seinem Vater zu entkommen. Nun kehrt er zurück in die Vereinigten Staaten des wütenden Rassenhasses. Wo es normal ist, dass Schwarze im Bus hinten sitzen – wenn sie überhaupt mitfahren dürfen –, mit dem Gewehr aus einem Café vertrieben werden oder als Affen an der Tankstelle verspottet werden.

Atticus kehrt zurück, weil sein ungeliebter Vater verschollen ist. Der machte sich auf, den Geburtsort der verstorbenen Mutter aufzusuchen. Das ist der verwunschene und auf keiner Landkarte zu findende Ort "Ardham" – er liegt mitten in "Lovecraft Country". Einen imaginären Bezirk, in dem die meisten von Lovecrafts Geschichten spielen. Da trifft es sich gut, dass Atticus bestens mit Lovecrafts Universum vertraut ist. Er war stolzer Vorsitzender im Science-Fiction-Buchclub und liebt auch als Erwachsener noch Pulp-Stories, die den Kampf gegen Monster beschwören.

In seinen Tagträumen kämpft Atticus nicht gegen Kommunisten in Korea, wo er stationiert war, sondern gegen Marsianer, die die Erde verwüsten. Als dann noch ein Brief des Vaters auftaucht, der ein geheimnisvolles Erbe von Atticus beschwört, ist für den Lovecraft-Kenner die Geschichte klar. Der größte Verehrer muss sich der Welt des Meisters stellen. In vielen Lovecraft-Geschichten sieht es zunächst so aus, als gerate die Hauptfigur aus Zufall in die sinistre wurmstichige Welt eines anderen Orts, doch am Ende ist sie gar keine Unbekannte, sondern derjenige, der dort seit Langem erwartet wird.

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Einmal durch das Horror-Kabinett

Die Serie ist eine Sammlung von Episoden, die als Gewalttour durch das Pulp-Universum führen. Die Mischung von alltäglicher Rassengewalt und Monsteraction erobert diese im Original rein weiße Welt für die Schwarzen. Schon die Geschichten von Lovecraft sind tatsächlich zutiefst rassistisch geprägt. In ihnen lauert stets die Angst des Weißen vor einer unheimlichen Degeneration durch die Vermischung der verschiedenen Ethnien - allerdings geht es nicht um weiß-schwarze Paare, sondern darum, dass sich Menschen mit monströsen Geschöpfen aus dem Universum der alten Götter einlassen.

"Lovecraft Country" ist in jeder Beziehung schön anzusehen. Die Aufnahmen sind im hübschesten Retro-50er-Look gefiltert. Die Handlung wird von einer wilden Mischung aus modernem Hip-Hop und Rock'n'Roll-Versionen begleitet. Eingesprochene Samples von Reden und Gedichten legen eine subtile Ebene über das von der Kamera Gezeigte. Nur die Subtilität des Horrors von Lovecraft darf man nicht erwarten. Anders als im Original zeigen sich die Monster schnell und schlagen erbarmungslos zu. Es gibt blutige Action, aber keinen lähmenden Grusel.

Dass die kopfabreißenden Biester nach den Shoggothen aus der Sammlung "At the Mountains of Madness" benannt sind, ist nichts als eine Verbeugung. In "Lovecraft Country" schleicht sich der "unsagbare Horror" – so eine Lieblingsformulierung von Lovecraft - nicht langsam an, um dann durch Wände und Decke modriger Häuser zu dringen, er schlägt "whamm!" zu, so als stände Godzilla plötzlich mit dem Baseballschläger vor der Tür.

Die deutsche Version startet am 13. November 2020 auf Sky Antlantic, parallel zur US-Ausstrahlung kann man die US-Version schon jetzt Sky Go, Sky Ticket und Sky Q sehen.

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