"Wetten, dass ..?" Thomas Gottschalk geht baden

  • von Katharina Miklis
Mit viel nackter Haut, verrückten Wetten und großen Stars auf dem Sofa zeigte Thomas Gottschalk, warum der TV-Dinosaurier "Wetten, dass ..?" noch immer vor den Fernseher lockt.

Thomas Gottschalk im TV-Krieg. Nach anderthalb Stunden kapituliert er. Aber nicht gegen Dieter Bohlen. Thomas Gottschalk hängt nur mit Badehose bekleidet am Beckenrand des Olympia-Schwimmbeckens in München und ringt nach Luft. "Ich habe die Kontrolle über die Veranstaltung verloren." Laute Buhrufe übertönen seine Japser. Das Publikum ist außer sich: Christine Neubauer will ihre Wettschulden nicht einlösen und vom 7,5-Meter-Brett springen. Und das obwohl Gottschalk es ihr schon vorgemacht hat. Die Schauspielerin verdirbt die Show und steigt nach langem Zaudern wieder hinab - Gottschalk muss es ausbaden.

Es ist die 190. Folge von "Wetten dass ..?" und direkt in der ersten Folge nach der Sommerpause muss sich Thomas Gottschalk mit Quotenkonkurrent Bohlen messen. "Es ist ja schon fast eine Konkurrenz des sozialen Milieus" hatte Thomas Gottschalk im Vorfeld des großen Showduells am Samstagabend gespottet. Und den großen Qualitätsunterschied zwischen "Wetten, dass ..?" und Dieter Bohlens "Supertalent" betont. Deswegen wolle man sich bei der Traditionssendung des ZDF auf alte Stärken konzentrieren.

Und dazu gehört belangloses Palaver auf dem Sofa. Daran mangelte es in der Münchener Show weiß Gott nicht. Zunächst zeigten sich die Comedians Michael Mittermaier und Bülent Ceylan weder lustig noch unterhaltsam. Dabei hatte sich Gottschalk gerade von dem Bayern und dem Türken erhofft, seine folgende These zu untermauern: "Diese Sendung ist das beste Beispiel für gelungene Integration: Vor dem Fernseher sitzen Südtiroler und Ostfriesen." Garantiert eine Lesbe sei im Programm, und Assistentin Michelle Hunziker eine "voll integrierte ausländische Arbeitnehmerin". Denn ein bisschen Sarrazin muss auch in "Wetten, dass ..?" sein. Ausgerechnet der Türke konnte sich aber auf dem Sofa ganz und gar nicht integrieren und wurde schnell aufs Oktoberfest abgeschoben.

Rausgeflogen war zuletzt Katy Perry, und zwar aus der amerikanischen "Sesamstraße", wo man ihre freizügige Perfomance nicht zu schätzen wusste. Für Gottschalk ließ ihr Pailetten-bestickter Badeanzug gerade genug Stoff übrig, um Bohlen in Sachen Sex Konkurrenz zu machen. Ungewohnt züchtig wirkte die Sängerin dann später im Dirndl, das am Ende fast alle von Gottschalks Frauen trugen. Schließlich galt es, dem 200. Oktoberfest zu huldigen. Nur wenige Shows waren so regional geprägt wie die 190. Gottschalk ist Bayer, und so war es ihm ein innneres Oktoberfest, den neuen bayerischen Dirndl-Kult zu pflegen. Sonst hätte das ewige Vollweib Christine Neubauer kaum ihre eigene Kollektion vorstellen dürfen, die außerhalb Münchens wohl nur wenige Zuschauer interessiert. Einzig die dauerquasselnde, affektiert auftretende Hollywood-Actrice Milla Jovovich streifte sich keine Tracht über. Stattdessen plapperte sie aus, dass Kollege Orlando Bloom wegen Frau und Kind zuhause geblieben war und nicht, wie der Gastgeber dem Publikum hatte weismachen wollen, aufgrund eines ominösen Nachdrehs.

Wetten gab es auch noch. Eine war so bizarr, dass sie sich mit den Höhepunkten aus 30 Jahren "Wetten, dass ..?" messen kann. Ein junger Mann aus dem Allgäu machte mit Genick und Achsel Geräusche, die ganze Sätze darstellen sollten. Seinem Kumpel gelang es tatsächlich, das Geknarze und Geflatsche zu dechiffrieren. Das absurde Körperalphabet machte den Allgäuer zurecht zum Wettkönig des Abends.

Furzgeräusche und viel nackte Haut - vielleicht schleichen sich doch mehr "Supertalent"-Elemente in die ZDF-Sendung, als Gottschalk lieb sein dürfte. Oder nimmt er es der Quote zuliebe gar billigend in Kauf? Das würde auch erklären, warum RTL-Comedyfrau Cindy aus Marzahn zum pointenlosen Running Gag der Sendung geworden ist. Beim ZDF bewirbt sie sich per Videobotschaften um Hunzikers Stelle, später blödelt sie im Anschluss an "Das Supertalent" auf RTL, während zeitgleich noch Gottschalks Sendung läuft. Die Grenzen zwischen großer öffentlich-rechtlicher Samstagabendunterhaltung und Privatfernsehgejuxe sind fließend. Von TV-Krieg keine Spur.

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