Was wäre das deutsche Fernsehen nur ohne "Big Brother"? Wer würde bei 9Live moderieren oder sinnentleerte Kommentare bei irgendwelchen Chart-Shows abgeben? Aber keine Sorge - auf RTL2 ist Verlass. Seit Montag werden dort wieder zur besten Sendezeit und mit recht guter Quote die nächsten Zlatkos, Jürgens und Alidas, kurz: die nächste Generation F-Promis fürs Trashfernsehen herangezüchtet.
Um 20.15 Uhr fiel bei RTL2 der Startschuss für die achte Staffel der Mutter aller Reality-Shows. Acht der zwölf Container-Bewohner zogen in ihr neues Zuhause ein. Ein halbes Jahr lang wohnen jetzt wieder zwölf Menschen unter ständiger Beobachtung diverser Kameras - 60, um genau zu sein. Wieder wird in regelmäßigen Abständen ein Bewohner vom Fernsehpublikum heraus gewählt. Wer denkt, dass die Macher von "Big Brother" aus dem Zuschauerschwund der letzten Staffeln gelernt haben und dem Zuschauer etwas Neues bieten, wird enttäuscht. Trotz des stark nachlassenden Voyeurismus bleibt alles beim Alten. Zwar heißt es bei der achten Staffel der Container-Show "Arm" gegen "Reich", verraten die Moderatoren Miriam Pielhau, Charlotte Karlinder und Ex-"BB"-Bewohner Jürgen Milski zu Beginn der neuen Staffel, doch das ist nicht wirklich neu. Bereits in mehreren vergangenen Staffeln wurden die "TV-Knast"-Insassen dazu animiert, den Po hochzukriegen, um in den schöneren Bereich ziehen zu können. Schließlich sollen die Bewohner nicht wochenlang gelangweilt auf dem Sofa liegen und eine Schachtel Zigaretten nach der anderen rauchen. Davon hatte man bei den ersten Staffeln schon genug gesehen.
"Big Brother"
Von montags bis samstags sendet RTL2 ab 19 Uhr aus dem "BB"-Container. Alle 14 Tage montags um 20.15 Uhr gibt es eine Entscheidungs-Show. Beim Sender 9Live gibt es täglich "Best of Big Brother" zu sehen sowie auch "Call Big Brother" mit Liveschalten ins Haus. Premiere setzt noch einen drauf und sendet auf einem eigenen "BB"-Kanal 24 Stunden lang aus Deutschlands bekanntester Fernseh-WG
Luxusbad oder Stehklo?
Immerhin sind die Macher der TV-Show bei der Gestaltung der zwei strikt voneinander getrennten Bereiche sehr detailverliebt vorgegangen. In dem zweigeschossigen Haus, das in einem Kölner Fernsehstudio aufgebaut wurde, leben die "Reichen" im Überfluss, die "Armen" unter kargen Bedingungen. Die Privilegierten schlafen in einem 45 Quadratmeter großen Zimmer mit drei gemütlichen Schlaf-Inseln. Die Schlafstätte der Verlierer hat den Charme eines Sezierraumes der Rechtsmedizin, mit einer viereinhalb Meter breiten Schlafempore, auf der sie zusammengepfercht die Nächte verbringen werden. Während bei den "Reichen" der Champagner fließt, ein Kamin, ein Fitnessbereich und ein Luxusbad für Entspannung sorgen, gibt es für die "Armen" nur ein verrottetes Stehklo - ekeliger als auf einem Campingplatz in Frankreich. Die Bereiche sind nur durch eine hüfthohe Mauer voneinander getrennt - immerhin sollen neidische Blicke gewährt werden und die Missgunst ansticheln.
"Big Brother" - jetzt auch mit Abitur!
Eine Änderung sollte man jedoch hervorheben: Wie es von Seiten der Produktionsfirma Endemol im Vorfeld hieß, liegt der "Bildungsgrad der ausgewählten Bewohner erstmals über dem Bevölkerungsdurchschnitt". Wir können uns also auf geistreiche Gespräche, zum Beispiel zwischen der 25-jährigen Kellnerin Rebecca ("Ich brauche morgens zwei Stunden für meine Haare") und Isi, der 26-jährigen Table-Tänzerin mit Arschgeweih, freuen. Die hat aber immerhin Abitur, wie Moderatorin Miriam Pielhau mehrfach betont, als hätte die Tänzerin einen Harvard-Abschluss mit 14 gemacht. Abitur - so was hat man halt nicht oft im "Big Brother"-Haus. Wenn sie also wissen wollen, wie es aussieht, wenn überdurchschnittlich geballtes Wissen aufeinanderprallt, dann schalten Sie RTL2 ein. Legen Sie sich aber ein Fremdwörterbuch zur Seite - falls Sie nicht mehr mitkommen.
Nach und nach führt der "BB"-erpobte, sonnengebräunte Jürgen Milski die acht Kandidaten ins Haus. Wie ein aufgedrehter Kirmessprecher auf Speed moderiert er vom "blauen Teppich" vor dem Container und entlockt den Bewohnern in spe letzte sinnlose Kommentare in der Freiheit. Unter den anfeuernden Pfiffen seiner Familie und Freunde verspricht der 28-jährige, Ganzkörper-tätowierte Barkeeper Adrian seiner Freundin treu zu bleiben, selbst wenn ein "Hammergeschoss" ins Haus kommt. "Ja leck' ... - bin ich schon drin?" sind seine ersten Worte im Haus, in dem das Rauchergesetz übrigens nicht gilt. Tänzerin Isi hingegen kann sich durchaus vorstellen "im Haus Sex zu haben". Das Motto des 32-jährigen Promoter Alex ist "drin bleiben bis zum Schluss". "Das ist ein schönes Schlusswort", lobt die hochschwangere Moderatorin Charlotte Karlinder den einzigen Kandidaten mit abgeschlossenem Studium. "Haben die mir vorher gesagt", verrät Alex. So war das wahrscheinlich nicht geplant.
RTL2 ohne blanke Brüste - geht das?
Die Zuschauer, die "nackte Körper erwarten, werden diesmal enttäuscht", so Endemol-Deutschland-Chef Borris Brandt vorab. "Das Publikum ist mehr daran interessiert, wie die Kandidaten Konflikte lösen, und will daraus auch für das eigene Leben lernen". Lebensweisheiten zum Mitschreiben gab es in den ersten drei Stunden "Big Brother"-Overkill ehrlich gesagt noch nicht. Doch mit dem Blankziehen behält Brandt bisher Recht. Nur die Männer stellten sich in den Trailern mit nacktem Oberkörper vor, die Frauen hatten alle - ganz anständig - einen knappen Bikini an.
Die Quote der Einzugsshow ist im Vergleich zum letzten "BB"-Start deutlich besser. Damals holte man 13,8 Prozent Marktanteil - in diesem Jahr saßen durchschnittlich 14 Prozent der 14- bis 49-Jährigen vor dem Bildschirm.
Am 7. Juli 2008 wird der letzte Bewohner die Fernseh-WG verlassen und 250.000 Euro Siegprämie einstreichen. Aber auch die anderen Kandidaten bekommen ihre Chance auf ein besseres Leben nach "Big Brother". So wie Außenmoderator Jürgen, Bewohner der ersten Staffel. Er wurde nach seinem Auszug "Sänger und Entertainer" und feierte auf Mallorca Erfolge mit Ballermann-Hits wie 'Natascha vorm Pascha' und 'Halbschwul'". Na, das sind doch schöne Aussichten.