In der ARD ist eine Diskussion um die Talk-Show "Anne Will" entbrannt. Der Programmbeirat des Ersten habe in einem Protokoll seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck gebracht, dass es entgegen den Ankündigungen "bislang keine deutlichen Änderungen gegenüber 'Sabine Christiansen' gegeben hat", berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (SZ). Das Studio sei zu unruhig gestaltet, Wills Diskussionsschema sei "starr und wenig flexibel", sie habe "Fakten nicht schnell genug präsent".
Der Vorsitzende des Programmbeirats, Tino Kunert (31), sprach am Donnerstag von einer "unglaublichen Indiskretion", dass diese Analyse der Öffentlichkeit zugespielt worden sei. Der Beirats-Bericht sei nämlich längst überholt, weil er bereits "nach zwei oder drei Sendungen" entstanden sei. Die frühere "Tagesthemen"-Moderatorin Will leitet seit September 2007 den politischen Talk der ARD am Sonntagabend. Damit übernahm sie den Sendeplatz von Sabine Christiansen. Kunert vermutet nun, irgendjemand versuche, ihn mit dieser Indiskretion als Vorsitzenden des Programmbeirats "loszuwerden". Die ARD-Intendanten trafen sich am Donnerstag in Berlin zu einer Klausurtagung, um über das ARD-Programm zu reden. Ein Sprecher der Programmdirektion wollte sich jedoch nicht zu dem internen Vorgang äußern.
Die "SZ" zitierte weiter aus dem Papier, "der Programmbeirat bedaure es daher, dass es nicht gelungen ist, "Hart aber fair" auf den Sonntagabend zu setzen, zumal dadurch andere Probleme wie die Verschiebung der "Tagesthemen" und in der Folge ständig wechselnde Anfangszeiten für diese Sendung hätten vermieden werden können". Frank Plasbergs Talk "Hart aber fair" war auch für den Sonntagssendeplatz als Nachfolger von "Sabine Christiansen" in Betracht gekommen, wurde dann aber auch den Mittwoch gelegt.
NDR weist Vorwürfe zurück
Der für "Anne Will" redaktionell zuständige Norddeutsche Rundfunk wies inzwischen die Kritik an der Moderatorin und ihrer Sendung zurück. NDR-Intendant Lutz Marmor erklärte, das Format habe sich auf dem Sendeplatz bereits nach wenigen Monaten erfolgreich etabliert. Anne Will sei eine der profiliertesten Fernsehjournalistinnen Deutschlands. "Dass Anne Will und ihre Sendung auch beim Publikum ankommen, beweist nicht zuletzt das große Zuschauerinteresse. Allein am vergangenen Sonntag schauten 4,4 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer zu", betonte Marmor. Fernseh-Programmdirektor Volker Herres fügte hinzu, mit einer durchschnittlichen Zuschauerzahl von 3,9 Millionen habe Will die Erwartungen des Senders mehr als erfüllt. "Dies schließt aber natürlich - wie bei keiner Sendung - Optimierungen im Detail nicht aus", erklärte Herres. "Über alle Sendungen führen wir mit den Gremien intern einen offenen und kritischen Dialog."