Schluss für "Cindy aus Marzahn" "Prügel habe ich die gesamten elf Jahre bekommen"

Pink, laut, schrill: So kannte man Komikerin Ilka Bessin in der Rolle der "Cindy aus Marzahn". Im Gespräch mit dem "Spiegel" verkündet sie nun ihr Karriereende – und zeigt sich auch von ihrer verletzlichen Seite.

Pinker Lippenstift, rosa Jogginganzug, blonde Dauerwelle: Elf Jahre lang trat Komikerin Ilka Bessin in der Rolle der "Cindy aus Marzahn" auf. Doch damit ist nun Schluss: Im "Spiegel" verkündet sie das Ende der schrillen Kunstfigur. "Man darf so eine Figur nicht totspielen", sagt Bessin dem Nachrichtenmagazin. "Wenn man sich elf Jahre lang Abend für Abend eine Perücke aufsetzt und einen pinkfarbenen Jogginganzug anzieht, muss man aufpassen, dass die Leute nicht irgendwann denken: Boah, ich kann den Scheiß nicht mehr sehen."

Im Laufe ihrer Karriere konnte Bessin große Erfolge mit ihrer Rolle verbuchen: Sie tourte mit ihrem Bühnenprogramm durch Deutschland und trat in Shows wie "Quatsch Comedy Club", "Promi Big Brother" und "Wetten, dass ..?" auf. Cindy aus Marzahn bediente dabei das typische Klischee des Langzeitarbeitslosen, riss derbe Witze über sich und ihr Übergewicht.

"Cindy aus Marzahn" füllte nicht mehr die Hallen wie einst

Doch zuletzt waren die Verkäufe für ihre Tourneen rückläufig, die Komikerin trat immer seltener im Fernsehen auf. Das nachlassende Interesse an ihrer Person sei jedoch nicht der Grund für das Karriereende gewesen, so Bessin: "Klar, wenn du ganz frisch berühmt und angesagt bist, rennen dir die Leute die Bude ein. Bei mir ging es eine Zeit lang extrem bergauf. Dann muss es auch mal den Berg runtergehen." Für sie sei das aber okay gewesen.

Immer häufiger habe sich ihre persönliche Meinung mit der Rolle der Cindy vermischt: "Sie (Cindy - Anm. d. Red.) hat viel nachgedacht, hat dazugelernt, ist politischer geworden. Ich habe als Cindy zuletzt oft Dinge gesagt, die ich als Ilka gedacht habe", erklärt Bessin im "Spiegel". Das sei beim Publikum nicht immer gut angekommen: "Die Leute, die in meine Show kamen, wollten kein Kabarett sehen, die wollten Comedy."

"Als ob ich mich von einer Freundin verabschieden würde"

Immer wieder habe sie auch Kritik für ihre Rolle einstecken müssen, sagt Bessin im "Spiegel": "Prügel habe ich die gesamten elf Jahre bekommen. Dass die Branche so hart ist, hätte ich mir am Anfang nicht gedacht." Auf Facebook sei sie teilweise wüst beschimpft worden. Sie habe deshalb manchmal auch zu Hause gesessen und geweint.

Dennoch habe ihr die Rolle der Cindy Sicherheit gegeben. "Der Applaus hat mich getragen und mir gutgetan." Nach ihrem letzten Auftritt als Cindy Anfang Juni habe sie sich gefühlt, "als ob ich mich von einer Freundin verabschieden würde."

Bessin will sich laut "Spiegel" künftig anderen Projekten widmen. Auch eine Rückkehr auf die Bühne schließt sie nicht aus. Momentan arbeite sie an einer Modelinie für übergewichtige Menschen. Ilka Bessin: "So etwas hätte ich als Cindy nie machen können. Es soll ja nicht alles pink sein."

ikr

PRODUKTE & TIPPS