Das Fernsehgericht tagt: "Zorn" Dieser Zorn macht wütend

Der TV-Krimi "Zorn" im Ersten haut einen wirklich um. Weil er so schlecht, wie ärgerlich ist. Da können auch Mišel Matičević und Katrin Bauerfeind nichts mehr retten.

Warum tut man uns Zuschauern so etwas an? Warum verkauft sich ein toller Schauspieler wie Mišel Matičević so unter Wert? Und warum wirft ausgerechnet Katrin Bauerfeind mit einer tumben Rolle in diesem Film die Frauenbewegung um 50 Jahre zurück? Aber der Reihe nach:

"Zorn" heißt die Romanfigur in den Krimis von Stephan Ludwig. Die will die ARD jetzt offenbar nacheinander verfilmen, denn im Presseheft spricht man vom ersten gemeinsamen Fall der Kommissare Claudius Zorn (Mišel Matičević) und Schröder (Axel Ranisch). Dieser erste Fall aber macht allerdings wenig Lust auf Fortsetzungen: Claudius Zorn ist ein schlampiger, unangepasster, unsympathischer und lustloser Bulle. So was kann ja durchaus mal dramaturgisch reizvoll sein, aber Mišel Matičević spielt diesen Zorn derart übertrieben provokativ als Macho-Abziehbild, dass man einfach nur denkt: Warum ist dieser Mann überhaupt Bulle? Und warum soll ich an diesem Aushilfs-Schimanski überhaupt irgendwas interessant finden?

Der Staatsanwalt heißt Sauer

Um diesen Zorn noch cooler wirken zu lassen, hat man ihm dann auch noch den dicken, devoten Schröder an die Seite gestellt. Der lässt sich von Zorn im Akkord bepöbeln und runterputzen. Der Schauspieler Axel Ranisch hat nicht wirklich eine Chance, etwas aus dieser Rolle zu machen. Sie ist eine Karikatur. Logisch, dass dann als Gegengewicht zu Zorn und Schröder der Staatsanwalt (Anian Zollner) ein arroganter, zwielichtiger Schnösel und Sesselfurzer ist. Sehr originell übrigens, dass der Mann Sauer heißt.

"Das Fernsehgericht tagt"

Der Wildwuchs im TV-Dschungel braucht Orientierungs-Schneisen. Was lohnt sich? Was nicht? Die stern-Redakteure Oliver Creutz und Kester Schlenz sichten jede Woche in dieser Rubrik TV-Filme - und richten darüber.

Das Schlimmste an diesem Film aber ist die Rolle der sonst so überaus sympathisch-schlauen Katrin Bauerfeind. Sie spielt die Sekretärin des fiesen Staatsanwaltes und schmachtet Zorn an wie ein verliebter Teenager. Sie hilft ihm selbstlos. Sie opfert sich auf, unterwirft sich, strahlt ihn an, flirtet und bettelt förmlich um Sex mit dem Macho. Der lässt sie natürlich zappeln. Ganz nach dem Motto: Kommst schon noch dran, Baby. Da bleibt einem als Zuschauer die Salzstange im Halse stecken. Wer hat sich diese Rolle ausgedacht? Irgendein 90jähriger Sugar-Daddy, der schon Ende der 60er-Jahre Erik Ode die sexistischen Sprüche in der Serie "Der Kommissar" in den faltigen Mund legte? Und warum gibt sich eine moderne Frau wie Katrin Bauerfeind für so eine Rolle her, statt den Produzenten einmal gepflegt auf den Tisch zu brechen?

So, es muss hier noch erwähnt werden, dass Zorn und Schröder einen Mordfall lösen sollen und dabei dann doch mächtig Ehrgeiz entwickeln. Und natürlich lauert eine Verschwörung im Hintergrund. Aber das alles interessiert einen schon nicht mehr richtig, weil man fassungslos dem Treiben der Darsteller zusieht und sich fragt, wer sie zu diesem Handeln zwang.

Das Urteil: Dieser Film ist vorsätzliche Körperverletzung. Ein wirklich schwerer Fall. Mildernde Umstände liegen nicht vor.

Die ARD zeigt "Zorn - Tod und Regen" am Donnerstag, 8. Mai, um 20.15 Uhr

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