ProSieben hat ein Problem: Showmaster Stefan Raab ist im Ruhestand. Mit ihm hat der Sender etliche erfolgreiche Formate verloren: TV total, Schlag den Raab, die Wok-WM. Der Privatsender braucht dringend neue Konzepte, um das junge Fernsehpublikum weiter an sich zu binden.
Die zwei, die es jetzt richten sollen, sind Joko und Klaas. Am Abend startete ihr neues Format "Die beste Show der Welt" zur besten Sendezeit: Samstagabend, 20.15 Uhr. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass der Sender große Hoffnungen in die Sendung setzt.
Das Konzept vereint acht einzelne Shows in einer einzigen Sendung: Joko und Klaas treten gegeneinander an und präsentieren jeweils die Sendung, von der sie glauben, dass sie beim Studiopublikum gut ankommt. Bei den einzelnen Beiträgen handelt es sich um Sendungen, die es in ähnlicher Form schon einmal gegeben hat: Da wäre Winterscheidts Anlehnung an Linda de Mols "Traumhochzeit", in der er ein Paar im Publikum tatsächlich dazu bringt, an Ort und Stelle zu heiraten. Oder der Beitrag "Der Schöne und der Dumme", der an die japanische Gameshow "Takeshi's Castle" erinnert. Noch während der einzelnen Shows darf das Publikum abstimmen: Gefällt ihnen, was sie sehen – oder langweilt es sie?
Joko und Klaas liefern Aufwasch von allem
"Die beste Show der Welt" ist ein Aufwasch an allem, was in den letzten Jahrzehnten erfolgreich im deutschen TV lief: Herzschmerz, Quizshows, Unterhaltung. Und doch wirkt die Sendung seltsam glattgebügelt und blutleer. Joko und Klaas, die eigentlich durch Situationskomik und ihre Persönlichkeit glänzen, verlieren sich in den einzelnen Shows. Das Problem: Sie nehmen unterschiedliche Persönlichkeiten an. So mimt Klaas in seiner Zaubershow den fiktiven Magier David Flame, rettet sich aus einem fliegenden brennenden Sarg und lässt Schauspielerin Palina Rojinksi schweben. Das ist zwar ganz unterhaltsam, erinnert aber doch sehr an verstaubte Neunzigerjahresendungen wie "X-Factor – das Unfassbare".
Lustig wird es erst wieder, als Klaas nach der Show aus der Rolle des Magiers schlüpft und an den brennenden Sarg erinnert, der noch an der Studiodecke baumelt. Man möge das Ding doch bitte löschen. So richtig gut sind Joko und Klaas nur dann, wenn sie keinen Siebzigerjahre-Showmaster oder Magier mimen müssen. Sondern schlicht und ergreifend sie selbst sein dürfen.
Die beste Show der Welt: Der Livemoment fehlt
ProSieben hatte "Die beste Show der Welt" als neue große Samstagabendshow angekündigt. Doch für eine Sendung, die die ganze Familie vor den Fernseher lockt, fehlt der Livemoment. Große Sendungen wie "Schlag den Raab" lebten vom Unvorhersehbaren, den vielen kleinen Drehs und Wendungen, die eine Live-Aufzeichnung mit sich bringt. "Die beste Show der Welt" dagegen wurde vorab aufgezeichnet: Hier sitzt jeder Applaus, vieles wirkt vorhersehbar.
Es mag an der aufwendigen Technik liegen, die ProSieben dazu veranlasst hat, die Sendung aufzuzeichnen. Das Studiopublikum kann sich während der einzelnen Shows mit einer Art Fernbedienung entscheiden: Gefällt ihnen, was sie sehen? Oder würden sie im echten Leben lieber wegschalten? Eine Grafik am linken Bildschirmrand zeigt während der Shows den Grad der Zustimmung im Publikum an. Außerdem verrät eine Lichtinstallation im Studio, wie das Programm gerade ankommt: Je heller sie leuchtet, desto besser.
Das hat jedoch zwei Haken: Ob es gerade hell oder dunkel im Studio ist, das bemerkt man als Zuschauer im heimischen Wohnzimmer leider nicht. Stattdessen wandert der Blick immer wieder auf das kleine graue Kästchen mit der Grafik. Glücklich darf sich schätzen, wer an dieser Stelle geübt im Multitasken ist: Grafik gucken und immer noch mitbekommen, was im Studio passiert. Der parallele Ablauf lenkt unnötig ab.
Mathematik trifft auf Abendunterhaltung
Am Ende einer jeden Show folgt die Auswertung in Prozentzahlen: Wie viele Zuschauern hat's gefallen? Mit 85 Prozent gewinnt die Sendung "Dürften wir?" von Joko Winterscheidt – ein typischer Blödel-Beitrag à la Circus Halligalli: Ein Prominenter verschafft sich Zutritt in die Wohnung eines Paares aus dem Studio, natürlich mit Kamera. Dort stellt er mit der Hilfe von Handwerkern die Bude auf den Kopf: Er mauert ein Zimmer zu, streicht das andere schwarz, sperrt eine Ziege, ein Schaf und ein Huhn ins Badezimmer. Das Paar erhält im Gegenzug Geld, das sie wahrscheinlich gut gebrauchen können – für die Renovierung der Wohnung.
Es überrascht nicht, dass dieser Beitrag gewinnt. Es ist die Art von Humor, den die Zuschauer von Joko und Klaas erwarten. Und vielleicht auch der, bei dem die beiden bleiben sollten.
So schräg starteten Joko und Klaas ihre Karrieren
