Es ist vorbei. Was in Erinnerung bleibt, sind Dinge wie Vaginal-Sekret, Nazometer, Stauffenberg. Skandale? Von wegen! Der einzige Skandal des missglückten TV-Experiments "Schmidt und Pocher" war der Mangel an Gags. Muschi und Nazi ziehen immer. Von Schmidt und Pocher hatte man mehr erwartet.
Es war ein Ende ohne Lacher. Bisschen Hitler, bisschen Pooth, vor allem aber ging es in der letzten Sendung "Schmidt und Pocher" um: Schmidt und Pocher. Beide werden ab Herbst getrennt voneinander auf Late Night machen. Gestern machten sie erstmal auf dicke Hose. Es ging um Schmidts Zukunft in der ARD und vor allem um Pochers neuen Exklusiv-Vertrag mit Sat1, mit dem Schmidts Show-Ziehsohn Mitte der Woche überraschte. Überbrückungskredite, Sendeplätze und Produktionsräume... Pocher bemerkte zwar, dass der medieninterne Tratsch die Zuschauer nicht interessieren könnte, auf die wurde jedoch in der letzten Sendung keine Rücksicht genommen. Wie so oft in den letzten Monaten.
Man feierte sich selbst. Wenn die anderen es schon nicht tun. Schmidt feierte Pocher als "Late-Night-King" und gratulierte zum "Mega-Deal des Jahres in der deutschen Entertainment-Branche". Zwischendurch wurde immer wieder auch betont, man hätte sich nie gestritten und wäre gut miteinander ausgekommen. Vor allem Pocher schien dies ein Anliegen zu sein. Immerhin ist er einmal von seinem Helden vor laufenden Kameras als "kleine miese Type" abgekanzelt worden.
Schlag den Raab - und den Schmidt
Das war aber auch schon alles an Reibereien vor laufender Kamera. Leider. Dieses trostlose Nebeneinanderherleben hatte etwas von einer in die Jahre gekommenen Ehe, der die Leidenschaft verloren gegangen ist. Einer Ehe, in der keiner mehr den anderen ran lässt. Man hätte sich gewünscht, dass es klappt mit dem schönen Paar. Ein bisschen ist man jetzt aber froh, dass es vorbei ist. Schon die letzten Monate lebte man in Scheidung. Die Zurückhaltung, Lustlosigkeit, Harmoniebedürftigkeit und fehlende Hemmungslosigkeit, mit der die ungleichen Moderatoren den Zuschauer straften, war teilweise nicht mehr auszuhalten.
Um den ARD-Hierarchen ein letztes Mal auf die Füße zu treten, streiften sich Schmidt und Pocher zwar in der letzten Sendung rote Armbinden aus Mel Brooks' "Nazi-Musical" The Producers über den Oberarm, doch selbst die empfindlichen Aufsichtsräte werden dafür nur ein müdes Lächeln übrig gehabt haben. Wenn sie nicht schon eingeschlafen waren. Jetzt ist es ja vorbei. Die Aufregung ist es nicht mehr wert.
Außer Hitler nichts gewesen. Von Pocher gab es zwar wieder Podolski-Parodien, die sich in den letzten Monaten zu den wenigen lustigen Momenten der Show gemausert hatten. Er griff aber auch auf alte Gags über Mario Barth zurück, die er den Abend zuvor schon bei Johannes B. Kerner verbraten hatte. Pocher ist immer gut, wenn er offensichtlich imitiert (Podolski, Kahn) und wird peinlich, wenn er versucht, zu sehr wie Schmidt zu sein. Oder wie Stefan Raab. Wenn er zu Beginn der Sendung mit einem Raab'schen Schulterzucken versucht, den Applaus zu stoppen, fragt man sich, ob er das wirklich nötig hat. Pocher ist witzig. Ja, das ist er wirklich. Er darf nur nicht wollen, sondern muss einfach machen. Und das könnte bei Sat1 schwierig werden, wenn er einmal die Woche auf Knopfdruck lustig sein muss.
"Mittwoch ist gut, Freitag ist Genickschuss"
Burnout-Schmidt, dem in den vergangenen Wochen Müdigkeit anzusehen war, sieht in Pocher allerdings - zumindest vor den Kameras - einen besseren Raab: "Täglich 'TV Total' zieht nicht mehr. Du hast die Power. Sat1 hat dich gekauft, um dich auf Raab anzusetzen."
Dass Pocher auch für Schmidt selbst zum Konkurrenten werden könnte, lässt ihn - scheinbar - völlig kalt. Pochers Sendeplatz bei Sat1 ist noch nicht festgelegt. "Mittwoch ist besser", so Schmidt, "Freitag ist Genickschuss. Oder mach' es Donnerstag. Gegen mich." Schmidts Pöbeln gegen Pocher entlarvt sein Konkurrenzdenken dann aber doch: "Wir haben dich schon platt gemacht, als du noch an Hundeärschen gerochen hast," sagt Schmidt. Das Publikum lacht. Dabei war es eine der ernsthaftesten Aussagen des Abends. Es hieße doch immer, Late Night könne nur einer, fürchtet Pocher. "Das ist richtig", sagt Schmidt. "Aber das ist ja kein Grund für dich, das nicht zu machen".
Am Ende tanzt das SS-Ballett aus dem "Producers"-Musical zu den fröhlichen Klängen von "Frühling für Hitler". Im Studio ist eher Herbst-Stimmung. Schmidt will jetzt wieder was mit Anspruch und Intellekt machen. Pocher geht zu Sat1. Immerhin kann er dem ganzen Experiment etwas Positives abgewinnen. Über seine neue Show bei Sat1 sagt er: "Das Konzept ist: Ich nehme das Beste von hier mit". Was das sein könnte, fragt sich auch Harald Schmidt: "Was denn? Ich bleibe".