"Tatort" aus Stuttgart Sie lag seit Monaten tot in der Wohnung, und niemand hat es gemerkt

Tatort heute aus Stuttgart
Szene aus dem Stuttgart-"Tatort": Weil ihre Freunde sie nicht reinlassen wollten, landet Nelly (Bayan Layla) allein an der Bushaltestelle
© SWR/Benoît Linder / ARD
Eine junge Frau wird in diesem "Tatort" aus Stuttgart tot in ihrer Wohnung gefunden. War es Suizid oder wurde nachgeholfen? Die Kommissare rekonstruieren ihr einsames Leben. 
  • 5 von 5 Punkten
  • Emotional dichte Studie über Einsamkeit

Worum geht's in diesem "Tatort" aus Stuttgart?

Die Leiche der jungen Nelly Schlüter (Bayan Layla) wird in ihrer Wohnung in einem Stuttgarter Mehrfamilienhaus gefunden, sie verwest dort seit mehreren Monaten vor sich hin – offenbar unbemerkt von Nachbarn, Freunden und Familie. Die Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) versuchen herauszufinden, ob die Frau freiwillig aus dem Leben geschieden ist oder ob jemand nachgeholfen hat. Dabei entsteht nach und nach das Bild eines völlig vereinsamten Großstadtlebens. 

Warum lohnt sich der "Tatort: Überlebe wenigstens bis morgen"?

"Rücken Sie doch mit dem Stuhl näher heran, dann erzähle ich Ihnen meine Geschichte": In der Tradition großer Filmklassiker wie Billie Wilders "Sunset Boulevard" spricht hier eine Tote zu uns und lässt ihr Leben aus dem Jenseits noch einmal Revue passieren. War es bei Wilder ein gescheiterter Drehbuchautor, ist es hier eine hoffnungsvolle junge Frau, die nirgends dazugehört. Während ihre beste Freundin heiratet und schwanger wird, ihr Bruder im Babyglück schwelgt, findet Nelly einfach nirgends Anschluss. Die Männer, die sie auf Datingportalen kennenlernt, nennen sich Mr. Big, Spiderman und Thor und wollen alle nur das Eine. "Ich hatte was mit der Mieze", sagt einer abfällig nach ihrem Tod. Ein anderer lästert posthum: "Die war eine richtige Klette." Eindringlich entfaltet dieser "Tatort" (Buch: Katrin Bühlig, Regie: Milena Aboyan) das ganze Drama dieser Frau, die irgendwann einfach vergessen wird. Am Ende bleibt das traurige Fazit: "Einsamkeit ist kein Privileg der Alten mehr."

Was stört?

Wer einen klassischen Mordfall erwartet, könnte enttäuscht werden. Denn ob hier überhaupt ein Mord vorliegt, ist lange Zeit unklar. 

Die Kommissare?

In diesem Fall steht die einsame Frau im Vordergrund, die Kommissare sind nur die stillen Beobachter des Dramas, das sich nach und nach in voller Tristesse entfaltet.

Ein- oder ausschalten?

Ein ungewöhnlicher und gerade deswegen sehenswerter "Tatort". Schalten Sie unbedingt ein.

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