"Alles was Recht ist" Warum wurde der Doppelmörder im Wien-"Tatort" freigesprochen?

"Tatort" heute aus Wien
Das Gutachten von Willibald Lehner (Alexander Lutz, Mitte), trägt maßgeblich dazu bei, dass Stefan Weingartner (Johannes Zeiler, l.) freigesprochen wird. Eingefädelt hat die Strategie der windige Anwalt Thomas Hafner (Julian Loidl).
© ORF/KGP/Sara Meister / ARD Degeto
Ein kurioser Gerichtsprozess führte im Wien-"Tatort" dazu, dass ein geständiger Doppelmörder von den Geschworenen freigesprochen wird. Wie konnte es dazu kommen?

Ne bis in idem - dieser lateinische Rechtsgrundsatz liegt dem spektakulären Freispruch zugrunde, der am Anfang der aktuellen "Tatort"-Folge aus Wien stand. Obwohl kein Zweifel daran bestand, dass Stefan Weingartner (Johannes Zeiler) einen Doppelmord begangen hat, er diese Tat sogar gestanden hat, verließ der Mann den Gerichtssaal als freier Bürger. Dass das Verfahren nicht erneut aufgenommen werden konnte, entspricht dem eingangs zitierten Satz. Der bedeutet auf Deutsch: nicht zweimal in derselben Sache.  

Doch wie konnte der Angeklagte überhaupt freigesprochen werden? Um das zu erreichen, hat der Strafverteidiger Thomas Hafner (Julian Loidl) tief in die Trickkiste gegriffen. Als Kommissar Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) im Zeugenstand saß, befragte ihn Hafner mehrfach nach dem Revolver, den der Angeklagte zuhause in seinem Waffentresor im Esszimmer aufbewahrt hat. Eisner verstand den Sinn der Frage zunächst gar nicht und bezeichnete ihn als "irrelevant", weil dieser ja nicht die Tatwaffe sei. Er sollte sich irren. 

Denn der anschließend aussagende Gutachter Willibald Lehner attestiert dem Angeklagten Unzurechnungsfähigkeit. Der könne sich zwar an alles, was sich vor dem Mord zugetragen habe, genauestens erinnern. Sogar an den genauen Wortlaut des Gespräches seiner Frau und ihrer Freundin. An die Tat selbst habe Weingartner hingegen keinerlei Erinnerung. Der Gutachter schließt daraus, dass er nicht vorsätzlich gehandelt hat und nicht zurechnungsfähig war. Denn dann hätte er doch den Revolver verwendet - und den beiden Frauen nicht die Kehle durchgeschnitten. 

"Tatort": Die Jury spricht den Angeklagten frei

Die Geschworenen folgten dieser Argumentation. Die Frage, ob Stefan Weingartner vorsätzlich getötet hat, mussten sie deshalb verneinen. Der Richterin blieb damit nichts anderes übrig, als den Angeklagten vom Vorwurf des Mordes mit Vorsatz freizusprechen.

Dass der Strafverteidiger alle Tricks aufbietet, um seinen Mandanten freizusprechen, ist sogar legitim. Und auch die Geschworenen und die Richterin haben hier nicht unbedingt falsch geurteilt. Den entscheidenden Fehler hat die Staatsanwaltschaft begangen: Sie hätte den Straftatbestand Körperverletzung mit Todesfolge zusätzlich mit in die Anklageschrift aufnehmen sollen.

Doch der Fall schien so eindeutig, dass sie dies unterließ. Das hat sich gerächt. Und es lässt sich auch rückwirkend nicht mehr korrigieren. Denn es gilt eben auch in Österreich: Ne bis in idem. 

che

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