- 5 von 5 Punkten
- Amüsante Milieustudie mit einem fantastischen Schauspielerensemble
Worum geht's?
Gerade erst haben die Mitglieder einer alternativen Baugemeinschaft ihr neues Eigenheim in Ostfildern bei Stuttgart bezogen, da gibt es schon einen Wasserschaden. Hätten die auf umweltschonende Materialien bedachten Häuslebauer ihr Fundament mal lieber richtig abgedichtet - und sich nicht für die sündhaft teure, aber nicht funktionierende Ökopampe entschieden! Die latenten Spannungen in der Gruppe nehmen zu, als in dem Bauloch eine Leiche gefunden wird, die bereits ein Jahr dort vergraben war und nicht mehr identifizierbar ist. Die Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) klinken sich in die komplizierten Gruppensitzungen des Wohnprojektes ein, um zu erfahren, wer die Tote sein könnte. Die Bewohner sind überzeugt, dass es sich um die frühere Bewerberin Beverly handelt, die sie seit einem Jahr nicht mehr gesehen haben. Die hat seinerzeit das Interesse gleich mehrerer Bewohner erregt - was die Konflikte weiter anheizt. Die Ermittler haben viel Mühe, in den Gruppenkosmos einzudringen und herauszufinden, wer der Täter sein könnte.
Warum lohnt sich dieser "Tatort"?
Es gibt zahlreiche Romane über das ökologisch-korrekte, linksliberale Milieu, etwa Anke Stellings "Bodentiefe Fenster", in dem das Bürgertum im Prenzlauer Berg seziert wird. Anna Katharina Hahn hat in "Kürzere Tage" meisterhaft beschrieben, wie es in Stuttgart aussieht. Dort sind schwäbischer Pietismus, Esoterik und die wirren Ideen Rudolf Steiners eine Mesalliance eingegangen, die man aktuell auf vielen Querdenker-Demos beobachten kann.

Die "Tatort"-Folge "Das ist unser Haus" (Dietrich Brüggemann, Buch und Regie, Daniel Bickermann, Buch) widmet sich diesem Menschenschlag: gut betuchten Bürgerkindern, die alles richtig machen wollen. Die aber mit ihren permanenten Selbsterforschungen und Innerlichkeitsriten den Mitmenschen und sich selbst das Leben zur Hölle machen. Am Ende steht ein bitteres Resümee: "Die Wahrheit isch: Hier drin sind die Leute genauso gestört und genauso kaputt wie draußen. Das ist die schlimmste Art, mit Menschen zusammenzuleben."
Was stört?
Wer einen konventionellen Krimi erwartet, könnte enttäuscht werden: Erst in der Schlussviertelstunde widmet sich dieser "Tatort" dem eigentlichen Mordfall. Die vorangegangenen 75 Minuten sind dagegen eine humorvoll überzeichnete Milieustudie.
Die Kommissare?
Kommissar Bootz findet Gefallen an einer jungen Frau aus dem Wohnprojekt, es entspinnt sich ein sanfter Flirt. Ansonsten treten die beiden Ermittler zugunsten des prächtigen Schauspielerensembles diesmal in den Hintergrund.
Ein- oder ausschalten?
Dieser Film macht gute Laune, das kann gerade wohl jeder gut gebrauchen. Schalten Sie also unbedingt ein - auch wenn Sie den Film schon kennen.
Die "Tatort"-Folge "Das ist unser Haus" wurde erstmals am 17. Januar 2021 ausgestrahlt. Die ARD wiederholt den Fall am Freitag, 20. Januar 2023, um 22.20 Uhr.
Die Kommissare Lannert und Bootz ermittelten auch in diesen Fällen: