Der Wohnungsmarkt in München gilt bundesweit als besonders schwierig. Schon viele sind an der Herausforderung, in der bayrischen Landeshauptstadt eine neue und vor allem bezahlbare Bleibe zu finden, fast verzweifelt. Jara S. hat es nun aber besonders schwer erwischt. Die 76 Jahre alte Münchnerin soll nach 64 Jahren aus ihrer Wohnung geworfen werden, weil die Vermieterin Eigenbedarf angemeldet hat.
S. wohnt mit ihrer 46 Jahre alten schwerbehinderten Tochter in der Wohnung im Stadtteil Schwabing, berichtet die Münchner Zeitung "tz". Jetzt droht ihr die Obdachlosigkeit. Glücklicherweise aber bekommt sie Hilfe aus der Nachbarschaft. Michel May, der Sohn eines Nachbarn, hat ein Video produziert, mit dem er auf die Lage von Mutter und Tochter aufmerksam macht. Den acht Minuten langen Film haben auf Facebook schon viele Münchner gesehen.
Vermieterin hat Eigenbedarf angemeldet
1956 zog Jara S., die eigentlich Jaroslava heißt, mit ihren Eltern in die Zwei-Zimmer-Wohnung. Nach der Trennung ihrer Eltern pflegte sie dort zunächst ihre krebskranke Mutter, später lebte sie mit ihrer behinderten Tochter dort, erzählt sie in dem Video. So ist Jara S. über die Jahrzehnte zu einem festen Bestandteil in dem Münchner Stadtteil geworden. Sie kennt noch "das alte Schwabing", in dem damals Jazz-Größen aus aller Welt auftraten und Freddie Mercury Party machte.
Jetzt aber soll Jara S. ihr Zuhause verlassen. Die jahrelangen Vermieter seien gestorben, die Wohnung wurde an deren Tochter aus der Schweiz vererbt, heißt es in dem Video. Deren Sohn wiederum will in München studieren und soll in der Wohnung wohnen – deshalb soll Jara S. ausziehen. Die ältere Dame hat versucht, sich juristisch dagegen zu wehren, war aber nicht erfolgreich. "Eigentum geht vor", hätte die Richterin beschieden.
München: 76-Jährige sucht verzweifelt nach neuer Wohnung
Deshalb sucht Jara S. verzweifelt nach einer neuen Bleibe für sich und ihre Tochter. 1200 Euro kann sie maximal an Miete zahlen, damit wird die Auswahl in München schon klein. Bereits jetzt hat sie zahlreiche Absagen kassiert, sagte sie der "tz": "Ich bin zu alt, um eine neue Wohnung zu kriegen, aber nicht zu alt, um aus meiner alten geworfen zu werden."
Im schlimmsten Falle droht Jara S. auf der Straße zu landen. Ebenso schlimm wäre es für sie allerdings, ihre Tochter in ein Pflegeheim geben zu müssen, weil sie die Miete für eine Zwei-Personen-Wohnung nicht aufbringen kann. Doch so weit wird es hoffentlich nicht kommen. Durch den Film, den Michel May über sie gedreht hat, haben viele Münchner von der Not erfahren – und Mundpropaganda war bei der Wohnungssuche schon immer ein effektives Mittel. Allerdings drängt die Zeit: Nach aktuellem Stand müssen Jara S. und ihre Tochter die Wohnung bis zum 31. Oktober verlassen.
Quellen: "tz" / Michel May auf Facebook