Es sollte ein netter Interview-Vormittag werden. Der Regisseur und die Hauptdarsteller von "Confessions of a Shopaholic" saßen in einem Hotel am Central Park in New York, sie wollten ein bisschen PR machen für ihren Film, eine romantische Komödie, die hier in Manhattan spielt. Doch dann sollten der Regisseur und die Hauptdarsteller erst einmal eine Frage beantworten, bei der sie alle etwas sparsam guckten - die Frage nämlich, ob sie möglicherweise den falschen Film zur falschen Zeit gedreht haben?
"Confessions of a Shopaholic", der an diesem Donnerstag in Deutschland anläuft (unter dem Titel "Shopaholic - Die Schnäppchenjägerin"), entstand im vergangenen Jahr in New York und wurde schon als Fortsetzung von "Sex and the City" gefeiert, weil es darin auch um Shopping und Liebe geht. Aber dann begann die Wirtschaftskrise, und als "Confessions of a Shopaholic" im Februar in die amerikanischen Kinos kam, hielt sich die Begeisterung ein wenig in Grenzen: Wer sollte sich in diesen Zeiten für die Geständnisse einer Shoppingsüchtigen interessieren, für einen "Konsum-Horror-Film", wie "Time Out New York" schrieb? "Was für ein Timing!", amüsierte sich die "New York Times" - aber wer wollte, konnte sich das natürlich auch schön reden.
"Der Film ist jetzt erst recht relevant!", sagte P.J. Hogan, der Regisseur. "Der Film wäre heute ein Desaster, wenn wir gesagt hätten: Geht alle shoppen!", sagte Hugh Dancy, der Hauptdarsteller. "Ich spiele zwar eine Shoppingsüchtige", sagte Isla Fisher, die Hauptdarstellerin, "aber dann lerne ich meine Lektion - und ist das nicht das, was wir alle jetzt brauchen?"
Nun ja. "Confessions of a Shopaholic" basiert auf den Büchern der Engländerin Sophie Kinsella, die eine Reihe von Bestsellern geschrieben hat, in denen es um Rebecca Bloomwood geht, die irrsinnig gern einkauft - in London, aber P.J. Hogan verlegte die Handlung nach New York. Rebecca (Isla Fisher) ist Journalistin, sie möchte gern für ein Modemagazin schreiben, landet aber bei einem Wirtschaftsblatt. Sie bekommt eine Kolumne, die ein Erfolg wird, und verliebt sich in Luke Brandon (Hugh Dancy), ihren Chefredakteur, der ein hübsches Kerlchen ist und Rebecca ganz schnuckelig findet. Aber Rebecca hat ein Laster, Shopping halt, und ihre Kreditkarten sind restlos überzogen. Darum wird sie von einem Schuldeneintreiber verfolgt, und als ihr geliebter Luke das mitbekommt, findet er sie nur noch halb so schnuckelig: Er kündigt ihr die Beziehung. Rebecca sucht Hilfe, die findet sie bei den "Anonymen Shopaholics", und kaum ist sie geheilt, schließt der gute Luke sie wieder in sein Herz.
Es geschieht nichts in "Confessions of a Shopaholic", das nicht hundertprozentig vorhersehbar ist, das ist eine Schwäche des Films. Seine Stärke ist Isla Fisher, eine zarte Person mit roten Haaren, die ein großes komödiantisches Talent hat und sich sehr liebenswert von Szene zu Szene albert. Dennoch kommt Rebecca Bloomwood derart naiv daher, dass es Alice Schwarzer vermutlich schreiend aus dem Kino treiben würde: Eine starke Frauenrolle ist etwas anderes, diese entspricht einem Klischee von anno dazumal. Rebecca lernt und lacht, sie küsst und weint, während sie in bonbonfarbenen Outfits durch Manhattan turnt, die bisweilen etwas unglücklich koordiniert sind, aber von Patricia Field ausgesucht wurden - jener Stylistin, die für die Kostüme in "Sex and the City" zuständig war, und die galten ja als stilbildend.
Die andere Schwäche des Films ist tatsächlich, und da kann "Confessions of a Shopaholic" gar nichts für, sein Timing, die Realität außerhalb des Kinos. Vielleicht mögen die Deutschen das anders sehen, aber in New York erschienen schon die Plakate des Films absurd, die etwa auf der Fifth Avenue zu sehen waren - vor Designerläden, in denen nichts mehr los ist. Alles hier klagt über Umsatzeinbrüche, die Modeindustrie, die Gastronomie, die Theater am Broadway; die Amerikaner, einst Konsumweltmeister, sparen neuerdings, die Wirtschaftskrise hat sie gelehrt, dass ein Leben auf Kredit nicht unbedingt lohnenswert ist.
Immerhin, sie gehen wieder mehr ins Kino, wo die Tickets nicht die Welt kosten: Der Kartenverkauf steigt an, die Filmtheater vermelden 16 Prozent mehr Zuschauer als noch vor einem Jahr. "Die Amerikaner möchten sich im Moment an einem dunklen Ort verkriechen", sagt Martin Kaplan, Direktor des Norman Lear Center, das an der University of Southern California Gesellschaftsforschung betreibt, "sie möchten dort ihren Ärger vergessen und unter anderen Menschen sein." Und wer will da schon den Spiegel vorgehalten bekommen?
Amerikaner brauchen Helden
"Confessions of a Shopaholic" hat in den USA bisher 33 Millionen Dollar eingespielt und liegt damit in den Top Ten aktuell auf Rang acht. Lieber schauten die Amerikaner die romantische Komödie "Er steht einfach nicht auf dich", bei der es auch um Gefühle, nicht aber um verkorkste Finanzen geht: Der Film rangiert auf Platz sechs und hat rund 85 Millionen Dollar eingenommen. Der Hit jedoch, die Nummer eins, das ist "Watchmen - Die Wächter", der am vergangenen Freitag angelaufen ist und an seinem ersten Wochenende gleich 55 Millionen Dollar eingespielt hat: Ein gewaltiger Film über eine Gruppe Superhelden, wie gemacht, um darin abzutauchen.