Dänemark Massenstrip auf Schulhof

Die Dänen sind ein liberales Volk. Doch die Freizügigkeit, die über 200 Schüler an ihrem ersten Tag in der Oberstufe zeigten, hat quer durch das Königreich eine heftige Moral-Debatte ausgelöst.

Mit einem nicht in jedem Fall ganz freiwilligen Massenstrip auf dem Schulhof hat für 263 Gymnasiasten im dänischen Gladsaxe der Weg zum Abitur begonnen. Wie die Zeitung "Jyllands- Posten" berichtete, sollten die im Durchschnitt 15 bis 16 Jahre alten Schüler beiderlei Geschlechts auf Geheiß älterer Jahrgänge bei einer Schnitzeljagd nach und nach ihre Kleidungsstücke ablegen. Die große Mehrheit, so hieß es im Bericht, hätte bei dieser Aktion am ersten Tag der in Dänemark dreijährigen Gymnasialzeit mitgemacht, so dass am Ende der Schnitzeljagd massenweise völlig nackte Jungen sowie Mädchen mit winzigen Slips den Schulhof bevölkerten.

Wie nicht anders zu erwarten, hob nach dem Zeitungsbericht eine heftige Debatte über das Für und Wider dieses "Einführungsrituals" an. Mehr oder weniger neckische und gewagte Spielchen werden nach dem Wechsel von der neunten Klasse der Gesamtschule in die erste von drei Gymnasialklassen traditionell von den älteren Jahrgängen organisiert. "Die haben uns viel zu sehr unter Druck gesetzt", äußerte einer oder eine der Betroffenen. Andere empfanden alles nur als riesigen, völlig freiwilligen und überdies nützlichen Spaß. "So haben wir doch schon mal unsere Grenzen ausprobiert und uns so besser kennen gelernt", sagte ein Mädchen.

Schulrektor versteht Aufregung nicht

Der von Medien hart angegangene Schulrektor Mogens Skjoldager stoppte die Aktion zwar, verteidigte die massenhafte Nacktheit aber mit Hinweis auf seine eigene Jugend Anfang der 70er Jahre: "Als ich Junglehrer war, duschten Jungen und Mädchen nach dem Sport immer zusammen." Wenn er heute zu den Gymnasial-Anfängern gehört hätte, würde er auch beim Massenstrip mitmachen, bekannte der Schulleiter.

Katrine Sidenius vom Center für Vergewaltigungsopfer am Kopenhagener Rigshospital fand die Sache komplizierter: "Mit 15 ist der eigene Körper oft nicht fertig entwickelt. Man ist äußerst empfindsam und verletzlich, wenn man ihn vorzeigen muss." Der Jugendforscher Niels Ulrik Sørensen verwies auf die "totale Sexualisierung im gesamten öffentlichen Raum". Sie führe auch dazu, dass Jugendliche ihren eigenen Körper zielgerichtet und "inszeniert" so vorführen wollen, dass sie damit an Prestige gewinnen können.

À la Big Brother

Das war beim sanft aufgezwungenen Massenstrip auf dem Schulhof nach seiner Auffassung bestimmt nicht der Fall. Die Aktion erinnerte ihn an die Ausnutzung von Menschen mit wenig ausgeprägtem Selbstbewusstsein in bestimmten TV-Serien: "Vielleicht war’s erstmal lustig. Aber so wie viele Mitwirkende in Serien à la "Big Brother" oder "Superstar" die Folgen ihres Handelns nicht gleich überblicken, kann auch die Selbstentblößung auf dem Schulhof später unvorhergesehene psychische Folgen haben."

Ein selbst beteiligtes Mädchen namens Ronja meinte zu der Haltung der Schüler, dass "die Mädchen ein Problem hatten, die mit ihrem Körper nicht zufrieden sind." Die Voraussetzungen seien ja für alle dieselben und nicht ganz leicht: "Es war der erste Tag hier, und man kannte niemanden", beschreibt die den sozialen Druck, an der Aktion teilnehmen zu müssen. Die dänischen Schüler werden den ersten Tag in der gymnasialen Oberstufe so schnell nicht vergessen.

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Thomas Borchert/DPA

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