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Highland Games Olympia der karierten Röcke

Männer in karierten Röcken wetteifern am Wochenende in Halle miteinander. Die Disziplinen: Baumstammwerfen, Steinkugel schleppen oder Gewichte werfen.

Wundersame Dinge passieren auf einer Wiese vor den Toren von Halle in Sachsen-Anhalt: Kerle wie Kleiderschränke werfen mit meterlangen Baumstämmen, schmeißen Gewichte einarmig über eine Latte oder schleppen eine 110 Kilogramm schwere Steinkugel mehrere Meter, um sie dann noch auf ein 1,40 Meter hohes Podest zu legen. Diesem seltenen Hobby haben sich die 22 Mitglieder des Vereins "Clan der Ebronen" verschrieben. Die Männer verausgaben sich dabei nicht etwa in ausgebeulten Trainingsklamotten, sondern in karierten Röcken aus edlem Stoff und wollenen Kniestrümpfen. An diesem Wochenende lassen die Männer bei den Highland Games, dem Höhepunkt des Vereinslebens, wieder ihre Muskeln spielen. Teams aus Europa und Neuseeland werden zu den Wettkämpfen erwartet.

"Der Ursprung dieser historischen Wurfformen des Rasenkraftsportes geht 2000 Jahre zurück, dahinter stecken Technik und Kraft", erzählt der Vereinschef ("1. Clanchief") Sven Ebert, der im "normalen Leben" als Umzugsunternehmer arbeitet. Die Idee für den vor drei Jahren gegründeten kelt-germanischen Traditionsverein kam dem Hallenser beim Plausch mit Freunden - nicht etwa aus Schottland oder Irland, sondern aus Ägypten.

"In uns fließt altes Eburonenblut"

"Ich war fasziniert von der Pflege der Traditionen und dachte mir, in unserer Geschichte gibt es auch vieles, was es noch zu ergründen gibt", erzählt der Mann mit den kräftigen Armen. "In uns fließt altes Eburonenblut", pflichtet ihm ein Hühne von Vereinsmitglied bei, dessen Clan-Name "Mozart Obelux" ist. "Wir sind zwar eine eingeschworene Truppe, aber wir sind auch sehr weltoffen", betont Vereinschef Ebert, der die Fäden auch bei den Kontakten zu ähnlich ambitionierten Vereinen in Europa zusammenhält.

"Wir haben herausgefunden, dass etwa 400 bis 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung ein Mischstamm aus Kelten und Germanen - die Eburonen - hier in unserer Region waren", erzählt Ebert. Selbst der Name der 1200 Jahre alten Stadt Halle habe damit etwas zu tun. So sei "Hall" der keltische Begriff für Salz, dessen Gewinnung einst mit der Gründung und dem Reichtums der Stadt an der Saale verbunden war, berichtet der Hobby-Geschichtsforscher. Neben dem Dudelsack spielt er auch andere Blasinstrumente historischen Ursprungs wie ein meterlanges Horn aus Metall, ein Carnyx.

Karomuster verrät die Familienzugehörigkeit

Zwei Mal in der Woche treffen sich die Männer des Vereins, dem auch zwei Frauen angehören, um ihre Muskeln und Ausdauer für die historisch-sportlichen Disziplinen zu trainieren. Ihr karierter Rock, der Kilt, gilt ebenso wie die Trainingsgeräte aus Holz und Stein als Besonderheit des Vereins. Typisch für Kilts, deren Ursprung ins 17. Jahrhundert zurückgeht und die traditionell Männern vorbehalten sind, ist das Karomuster, das Tartan genannt wird. "Dadurch kann man die Familienzugehörigkeit eines jeden Schotten, wie an einem Wappen erkennen", erzählt Ebert, dessen Clan-Name "Verg Eberix" ist.

"Der 'Clan der Ebronen' hat als einer der wenigen festlandeuropäischen Traditionsverbindungen einen eigenen eingetragenen Tartan", sagt der Vereinschef stolz. Etwa sieben Meter Stoff werden in der Regel für diesen Faltenrock mit rot-bräunlichem Muster verarbeitet. "Traditionell trägt man Kilts ohne Unterwäsche, denn wegen der Falten und der Dicke des Stoffes friert man nicht", sagt Ebert.

20.000 Besucher erwartet

Höhepunkt des Vereinslebens sind die Highland Games: Dieses sportlich-volkstümliche Spektakel, bei dem auch Frauen aus keltischen Traditionsvereinen Europas mit beim Baumstammwerfen dabei sind, hat zur Premiere im vergangenen Jahr rund 20.000 Besucher auf das Gelände der halleschen Pferderennbahn gelockt. In diesem Jahr (30.6.-2.7.) erwarten die ehrenamtlichen Organisatoren allein für die sportlichen Wettkämpfe 26 Mannschaften aus Europa und Neuseeland, zur Unterhaltung über 100 "Piper" (Dudelsackspieler) und erstmals ein Brautpaar, das sich nach keltischer Tradition das Ja-Wort geben will.

Petra Buch/DPA DPA

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