Franziska Lohberger ist Wettkampfathletin, Trainerin und Influencerin. Durchtrainiert und voller Energie zeigt sich die 24-jährige Bayerin täglich ihren 192.000 Followern auf Instagram. In ihren Posts geht es um Workouts, Essenstipps, etwas Werbung und vor allem – Sport und das Gefühl, das er einem gibt.
Vor einigen Wochen hat sich Franziska zu einem besonderem Thema geäußert. Einem Thema, das ihr am Herzen liegt – mit dem sie früher viel gekämpft hat. Es geht um das Idealbild des weiblichen Körpers. Wie er präsentiert werden soll, wie perfekt er sein soll – und die Realität. In der ist dieses Idealbild nämlich nicht zu erreichen. Niemand ist aalglatt, niemand sieht immer perfekt aus – was auch immer perfekt heißen soll.
"Ein Körperteil hat nichts Obszönes an sich"
Im November entscheidet sich Franziska, mit ihren Followern einen Moment zu teilen, der eben nicht perfekt ist. In einer ihrer Storys konnte man einen sogenannten Cameltoe sehen. Ein Cameltoe, auf Deutsch "Kamelzehe", bezeichnet umgangssprachlich das Abzeichnen des Schritts bei Frauen – etwa, wenn Hosen sehr eng anliegen oder hoch sitzen.
"Das war keine Absicht, ich hatte meine Hose etwas zu weit hochgezogen und das war ungefähr für eine Sekunde im Bild zu sehen. Ich wollte die Story eigentlich löschen. Dann habe ich mir gedacht: Im Alltag könnte ich das auch nicht löschen, das gehört zu mir", sagt Franziska Lohberger im Interview mit dem stern. "Ein Körperteil hat nichts Obszönes an sich. Es ist lediglich die Gesellschaft, die ihm Bedeutung auferlegt."

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Die Sportlerin erhält zahllose Nachrichten
Danach häufen sich die Direktnachrichten in ihrem Postfach. Man wolle sie darauf aufmerksam machen, dass man sowas nicht zeige, schrieben ihr manche Follower. Franziska entschließt sich, auf das Thema und die Nachrichten in einem Instagram-Post einzugehen. Doch sie erntete nicht nur Support, sondern einen Shitstorm.
"Als Person mit hoher Reichweite in den sozialen Medien muss man mit Hass umgehen können", sagt sie. "Aber in diesem Ausmaß habe ich es noch nie zuvor erlebt. Dass ich zu einer Zielscheibe wurde, war mir zu viel." Es brauchte etwas Zeit, bis Franziska bereit war, über das Ereignis zu sprechen.
stern: Was hat dich dazu gebracht, den Post zu veröffentlichen?
Franziska Lohberger: Ich bin im intensiven Austausch mit meiner Community, Kundinnen und Freundinnen. Ich finde es schockierend, wie populär momentan Schönheitsoperationen im Genitalbereich sind. Es gibt das Ideal der "Barbie-Vulva", das in keiner Weise die Realität widerspiegelt. Genauso, wie jeder Körper anders ist, ist auch jedes Geschlechtsteil anders geformt. Trotzdem gibt es so viele Frauen, die sich zu Tode schämen. Ich bekomme sehr oft die Frage: "Wie machst du es, dass man unter den Leggings nichts durchsieht?" In Pornos sieht man immer perfekt geformte Genitalien und denkt, das sei der Standard – und so, wie du bist, sei abnormal und falsch. Viele Frauen sind nicht selbstsicher genug, um über solchen Dingen zu stehen. Ich war es früher auch nicht. Der Post sollte sich genau an diese Frauen richten.
Würdest du im Hinblick darauf, was passiert ist, das Posting noch mal genauso absetzen?
Grundsätzlich würde ich es noch mal posten. Das Feedback war enorm. Ich habe viele berührende Nachrichten bekommen, teilweise hatte ich Tränen in den Augen, als ich sie gelesen habe. Von Frauen, die sich im Genitalbereich operieren wollten – ganz intime und persönliche Geschichten. Das Ausmaß des Schmerzes wurde mir dann erst richtig bewusst.
Entwickeln Frauen den Wunsch, sich operieren zu lassen, weil sie auf Instagram nur perfekte Körper sehen?
Definitiv. In den soziale Medien und in Pornos werden größtenteils nur sehr perfekte Körper gezeigt. Beziehungsweise Körper, die dem aktuellem Schönheitsideal entsprechen. Vor 50 Jahren gab es diese Vergleiche noch nicht. Den einzigen Körper, den du regelmäßig nackt gesehen hast, war dein eigener. Es gab dieses vorgegebene Bild nicht, an dem man sich orientiert. Du warst einfach, wie du warst. Jetzt hast du jeden Tag den Vergleich vor Augen, wie du in den Augen der Gesellschaft sein solltest.
Sollten auch andere Influencerinnen wagen, sich zu diesem Thema zu äußern?
Das würde vielen Frauen helfen. Es muss ja nicht gleich sowas stark Polarisierendes sein. Aber allgemein sollte über die Themen Bodylove und Bodyshaming mehr gesprochen werden, um gerade jungen Frauen das Gefühl zu geben: "Hey, du bist nicht abnormal, es ist alles richtig mit dir". Immer mehr Frauen stehen zu ihren Makeln, wie Cellulite und Hängepo, und zeigen sie online. Ich finde es zwar nicht gut, wenn man körperliche Makel zur Schau stellt, um damit Reichweite zu generieren, aber grundsätzlich finde ich diesen Ansatz richtig. Zu zeigen, dass nicht alles perfekt ist, sondern so, wie es in Wirklichkeit ist.

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Was bedeutet für dich "Bodylove"?
Sich seiner selbst bewusst zu sein, seiner Werte, Emotionen, Gedanken – und darüber zu reflektieren. Das hängt stark damit zusammen, wie du deinen Körper empfindest.
Wie kann man es schaffen, seinen Körper zu lieben?
Indem man sich mit sich selbst beschäftigt, mit seinen Werten, Fähigkeiten, Gedanken, Emotionen. Wer sich nicht über seine Persönlichkeit bewusst ist, ist immer nur das Opfer seiner Umstände. Wenn du aber feststellst, dass du die Welt nur durch deine eigenen Augen wahrnimmst und die Zügel selbst in der Hand hast, dann wirkt sich das auf dein Körperbild aus. Man muss lernen, sich selbst zu lieben. Wer sich selbst liebt, ist auch externen Anfeindungen gegenüber immun.